Ruine des Hauptschiffes des Zisterzienserklosters in Kerz / Cârţa
Rumänien,  Unterwegs

Kloster Kerz / Cârţa – Zisterzienser und Sommer-Sachsen


„Oh, Sie kennen das Kerzer Loch nicht?
Das sollten Sie sich auf jeden Fall anschauen, bevor Sie sich auf das Abenteuer der Transfăgărăşan-Hochstraße einlassen“, empfiehlt mir die Dame aus dem Tourismusbüro in Sibiu augenzwinkernd. Mehr will sie mir nicht verraten. Also muss ich eben selbst herausfinden, was es mit diesem „Loch“ auf sich hat.

Auf der Suche nach Kerz

Zunächst muss ich Kerz erst einmal auf der Karte finden.
Hm, kein Glück. Wahrscheinlich bin ich wieder auf das Vier-Sprachen-Wirrwarr in Siebenbürgen hereingefallen. Also probiere ich es anstelle des deutschen mit dem rumänischen Ortsnamen Cârţa. Und siehe da, ich habe das Dorf auf meiner Karte gefunden. Es liegt ungefähr eine dreiviertel Autostunde von Sibiu (Hermannstadt) entfernt und fast gegenüber der Abzweigung von der E68 zur Transfăgărăşan-Hochstraße, die ich mir heute gönnen wollte. Da mir die Dame im Tourismusbüro in Sibiu den Abstecher wärmstens ans Herz gelegt hat, will ich dem Ratschlag gerne Folge leisten.

Ich benötige fast eine halbe Stunde, um aus Sibiu herauszukommen. Leider ist der Verkehr auf der E68 auch nicht besser. Zäh zieht sich die Auto- und LKW-Schlange in östlicher Richtung. Ich bin froh, als endlich die Abfahrt nach Cârţa angezeigt wird. Von da aus sind es noch etwa drei Kilometer bis ins Zentrum.

Na ja, Zentrum ist ein wenig übertrieben. Die 900-köpfige Gemeinde ist vielmehr ein typisches Straßendorf. Ehemalige, in Pastellfarben gestrichene Sachsenhäuser wechseln sich mit ganz wenigen, dafür knallbunten Einfamilienhäusern neueren Baudatums, entlang der Durchgangsstraße ab. Ich bin schon fast am Dorfausgang angelangt, als mich das Kerzer Loch buchstäblich ins Visier nimmt.

Kerzer Loch - Ruine der Westfassade des Zisterzienser Kloster in Kerz

Zisterzienser-Außenstelle in Siebenbürgen

Eine riesige, leere Augenhöhle hat ihren wolkenlosen, intensiv-blauen Himmelsblick direkt auf mich gerichtet. Es ist ein wunderschöner, aber melancholischer Blick. Denn wo heute das riesige Kerzer Loch prangt, war früher eine farbenprächtige Rosette, die die Westfassade der ehemaligen Klosterkirche des Zisterzienserordens schmückte.

Jetzt bin ich doch ein wenig perplex. Zisterzienserbauten haben auf meinen Reisen durch Frankreich und Spanien schon häufig meinen Weg gekreuzt, dass sie allerdings bis nach Osteuropa reichten, ist mir fremd.  Aber in der Tat wurden um das Jahr 1200 ein Dutzend Mönche aus dem Mutterkloster Igris im Banat losgeschickt, um das fast menschenleere Wald- und Sumpfgebiet urbar zu machen. Dies geschah auf besonderen Wunsch des ungarischen Königs András II., der mit der Besiedlung des verwaisten Landstriches die Ostgrenze seines Reiches stärken wollte.

Fleißig gingen die Zisterzienser ans Werk und errichteten zunächst eine Basilika aus Holz. Mit finanzieller Unterstützung des Königs konnten die Ordensbrüder bald professionelle Steinmetze engagieren, die innerhalb weniger Jahre eine frühgotische Abtei inklusive Klosteranlage hochzogen. So entstand das östlichste Zisterzienserkloster Europas und das bis heute einzige, zumindest teilweise erhaltene in Rumänien.

Fluch und Segen des Wohlstandes

Ganz der Ordensregel ora et labora verhaftet, legten die Mönche Sümpfe trocken, bestellten das Land und betrieben, begünstigt durch die Nähe zum Fluss Olt, eine erfolgreiche Fischzucht.

Das Aufblühen des Brachlandes, zog zahlreiche Siedler von weit her an. Ganze Familien aus dem Rheinland, aus Flandern und dem heutigen Luxemburg wanderten nach Siebenbürgen aus.
Zu den neuen Dorfgemeinschaften, die wie Pilze aus dem Boden schossen, erhielt die Abtei von Kerz weitere Schenkungen des Königs, darunter die bereits wohlhabenden Pfarrbezirke Tartlau, Honigberg und Petersberg.

Die Neuankömmlinge profitierten vom sogenannten Andreanum, dem Goldenen Freibrief des Monarchen. Dieser gestand den Siedlern umfassende Rechte und Privilegien zu. So durften die neuen Untertanen ihre Richter und Pfarrer selbst wählen. Sie waren zudem von jeglichen Abgaben und Zöllen befreit und erhielten umfangreiche Gemeinflächen zur kostenfreien Nutzung. Natürlich hatte die Großzügigkeit des Königs auch einen Pferdefuß. Die Siebenbürger Sachsen mussten sich verpflichten, die Grenzen seines Reiches gegen die permanente mongolische Bedrohung mit Mann und Maus zu verteidigen.

Und die Bedrohung war real, denn die eifrige Siedlungspolitik und der wirtschaftliche Aufschwung blieben nicht unbemerkt. Bevor sich die neu aus dem Boden gestampften Ortschaften befestigen konnten, fegten im Jahr 1241 die Tataren übers Land. Sie plünderten und verwüsteten die Klostergebäude und die umliegenden Weiler. Ein schwerer Schlag für die noch junge Abtei, von der sie sich nur sehr langsam erholte.
Erst mit finanzieller Unterstützung des Enkels von König András, gelang es 20 Jahre später, die Klosterkirche wieder vollständig aufzubauen. Von da an ging es wieder steil bergauf. Das nächste Jahrhundert bescherte der Abtei zunehmende Prosperität. Kerz wurde das geistige, politische und ökonomische Zentrum der Region.

Westfassade der Zisterzienser-Klosterruine von Kerz /Cârţa in Siebenbuergen. Neben der Ruine der Westfassade ist der erhaltenen Kirchturm

Mit Speck fängt man Mäuse oder man verschreckt die Türken

Dann, 1421, fielen die Türken ein. In ihrer Verwüstungswut standen sie den Mongolen in nichts nach. Das Klostergebäude wurde in Brand gesteckt, zurück blieb nicht als eine Ruine. Die Klosterkirche selbst traf es nicht ganz so schlimm. Das Kreuzschiff und der Chor blieben verschont, nur das Langhaus und die Westfassade nahmen erheblichen Schaden.

Zum Glück konnten sich die Einwohner von Kerz rechtzeitig vor den herannahenden Türken in Sicherheit bringen. Mit ihrem beweglichen Hab und Gut flohen sie in den Wald. Da nicht abzusehen war, wie lange sie sich vor den Türken verstecken mussten, packten sie ausreichend Proviant mit ein. Am nahrhaftesten war das beliebte Boflisch, der selbst gemachte Speck der Siebenbürger Sachsen. Um ihr Versteck herum errichteten  die Kerzer einen provisorischen Schutzwall aus gefällten Bäumen, an dem sie auch ihr Boflisch aufhängten.

Die Türken wunderten sich natürlich, wo die Kerzer abgeblieben waren, und machten sich auf die Suche. Schließlich kamen sie ihnen auf die Schliche und fanden das Lager im Wald. Um die Einheimischen auszuräuchern, zündeten die Türken den Befestigungsring an. Der Schuss ging allerdings nach hinten los. Als der Speck zu brutzeln anfing und einen „schweinischen“ Geruch verbreitete, stob der Feind in alle Himmelsrichtungen davon. Der Geruch des unreinen Fleisches hatte die Muselmanen in die Flucht geschlagen.

Der Niedergang

Alles Lamentieren half nicht. Die katholischen Glaubensbrüder machten sich wieder ans Werk, aber der Elan war gebrochen. Hinzu kam, dass Abt Raimund Bärenfuß (Achtung Spoiler), mehr den weltlichen als den geistigen Genüssen zugetan war. Es waren zwar nicht Wein, Weib und Gesang, aber sehr wohl Wein, Weib und die Bärenjagd.

Das brachte das Fass zum Überlaufen. Der ungarische König, inzwischen Matthias Corvinus (rum. Matei Corvin), war seines Problemkindes Kerz überdrüssig. Immer wieder drohende Zerstörungen, ständige Subventionen aus dem Staatssäckel und jetzt auch noch ein liederlicher Abt waren des Guten zu viel. Kurzerhand löste er die Abtei 1474 auf.
Die Besitztümer vermachte er der Stadtpfarrkirche in Sibiu, die, so munkelt man, schon länger ein Auge darauf geworfen hatte. Die Vermögenswerte aus Kerz in der eigenen Tasche, lag der Stadtpfarrkirche nichts daran, die verwüsteten Gebäude wieder aufzubauen. Dem weiteren Verfall waren Tür und Tor geöffnet. Keine 200 Jahre später stürzte das Gewölbe des Längsschiffes ein und zur selben Zeit kam wahrscheinlich auch die farbenfrohe Fensterrose abhanden.

Brauchtumspflege Kehrwoche?

Das komplette Kirchengrundstück ist zu seinem Schutz mit einem grünen Holzzaun umfriedet. Also muss ich im daneben liegenden Pfarrhaus nach den Schlüsseln fragen gehen. Den Finger schon auf dem Klingelknopf, öffnet sich das Tor von selbst und eine lächelnde Schlüsselfee kommt mir entgegen. Mit 6 Lei bin ich dabei und bekomme obendrauf noch ein deutschsprachiges Faltblatt in die Hand gedrückt.

Was mir bereits auf dem Vorplatz auffiel, setzt sich auf dem Zugang zum, als auch nach, dem eigentlichen Eingang der ehemaligen Klosterkirche fort. Egal ob Pflaster- oder Kiesweg, alles ist tadellos gefegt und blitzblank herausgeputzt. Der Rasen ist ordentlich getrimmt und nicht nur Blumenrabatte und Buchsbäume stehen akkurat in Reih und Glied, sondern auch die weit über 100 Jahre alten Grabsteine. Offensichtlich hat sich die berühmte Samstagstradition aus dem (Schwaben-)Ländle, die Kehrwoche, auch bei den Siebenbürger Sachsen durchgesetzt.

Eine aus der Zeit gefallene Heldenverehrung

Als ich die Holztüre im gotischen Spitzbogenportal unter dem Kerzer Loch  durchquere, stehe ich unter freiem Himmel. Vom ehemaligen Langhaus der früher dreischiffigen Basilika sind nur noch die nördlichen und südlichen Mauerreste sowie der Glockenturm erhalten. Mit seinen 54 Metern Höhe diente er in Kriegszeiten vorzüglich als Spähturm.

Dort, wo früher die Kirchgänger saßen, haben seit 1928 über 90 deutsche Soldaten aus dem I. Weltkrieg ihre letzte Ruhestätte gefunden. Die meisten von ihnen starben am 30. September bzw. 1. Oktober 1916 während heftiger Kämpfe im benachbarten Porumbacu de Jos. Die Gräber wurden im Rahmen einer von der sächsischen Kriegsgräberfürsorge pompös-heroisch inszenierten Feier aus umliegenden Gemeinden in die Kirchenruine umgebettet.

Das unübersehbare Roland-Standbild an der Südmauer wurde bereits im Kriegsjahr 1916 angefertigt. Es sollte ein Ehrenmal für den Sieg der deutschen Armee über die rumänischen Truppen bei der Schlacht von Hermannstadt sein, verschwand aber direkt in der Versenkung, als sich das Blatt zugunsten der Entente wendete. Offensichtlich wurde es zehn Jahre später wieder aus irgendeiner dunklen Ecke hervorgeholt, um den deutschen Gefallenen zu huldigen. Besser es wäre in der dunklen Ecke geblieben.

Ich möchte nicht missverstanden werden. Soldatenfriedhöfe fordern mir den größten Respekt ab. Egal, ob die britische Kriegsgräberstätte in Arnhem, der beklemmende, deutsche Gruftbau Mont d’Huisnes in der Nähe des berühmten Mont Saint Michel oder der amerikanische War Cemetry im normannischen Colleville-sur-Mer, dessen Bild ich bis heute nicht mehr aus meinem Kopf bekomme.

Soldatenfriedhöfe sind Gedenkstätten und Mahnmale. Gedenkstätten für die Gefallenen und Mahnmale für den Frieden. Auf keinen Fall sind es Plätze, um Soldaten zu Helden zu stilisieren. Das ist zumindest meine Meinung.
Deshalb sei an dieser Stelle eine Frage an die Verantwortlichen erlaubt:

Musste es wirklich dieses Standbild sein,
um die deutschen Soldaten zu ehren?

Als Deutsche und als Europäerin bin ich von diesem heroischen Roland-Standbild, das an die Monumentalplastiken des III. Reiches erinnert, einfach nur peinlich berührt. Krieg hat absolut nichts Heldenhaftes an sich. Deshalb kommen mir beim Anblick dieses willensstarken, tapferen und kampfbereiten deutschen Ritters sofort ganz gruselige Assoziationen hoch.

Unter dem Deckmantel der Darstellung der Freiheit und Gerichtsbarkeit wurde es bei der Einweihung des Soldatenfriedhofes aufgestellt. Dafür hätten sich bestimmt bessere Allegorien gefunden, als ein Held einer mittelalterlichen Sage, die mit keinem der beiden Werte etwas gemein hat.

Wie Kerz zu seinem Namen kam

Lieber wende ich mich dem Teil der ehemaligen Klosterkirche zu, der heute noch erhalten ist. Zwar bildet das Kreuzschiff zusammen mit dem Hauptchor nicht mehr als eine „Schrumpfkirche“, dafür wird diese aber aktiv von der in Kerz und den umliegenden Dörfern verbliebenen evangelischen Gemeinde genutzt. Der vorhandene Platz ist für die regelmäßigen Gottesdienstbesucher vollkommen ausreichend.

Chorraum des ehemaligen Zisterzienserklosters von Cârţa

Im fünfeckigen Chor sind noch die typischen Charakteristika des Zisterzienser-Ursprungs zu erkennen: die Rosettenfenster sowie der Schlussstein im Chor. Er ist mit dem Bildnis der gekrönten Maria geschmückt. Die Zisterzienser waren glühende Marienverehrer. Deshalb weihten sie ihre Klosterkirche der Jungfrau Maria. Um genau zu sein, der Jungfrau Maria zu den Kerzen, da es Usus war, der Schutzpatronin für die Erhöhung der an sie gerichteten Gebete, eine Kerze anzuzünden.

Und so kam der Ort Kerz zu seinem Namen.

Beim Verlassen der Kirche finde ich zwei weitere Zisterzienser-Symbole in Stein graviert: der Hirtenstab, der stellvertretend für Jesus als guten Hirten steht und das Sonnenkreuz, unter dem in der Regel die Äbte beerdigt wurden.

Romanik und Gotik haben zueinander gefunden

Aus dem kühlen Kircheninneren, geht es hinaus auf die grüne Wiese. Fast die komplette Mauer des Ostflügels des ehemaligen Mănăstirea Cârța konnte sich bis jetzt erfolgreich dem, an der Bausubstanz nagenden Zahn der Zeit widersetzen. Die Mönche kamen zu wichtigen Beratungen im Kapitelsaal zusammen, studierten in der Bibliothek die Heilige Schrift oder ruhten sich im darüber liegenden Dormitorium nach getaner Arbeit aus.

Ruinen des Kapitel- und Schlafsaales des Zisterzienserklosters in Kerz

Die großen Arkadenbögen im Erdgeschoss sorgten im Kapitelsaal und der Bibliothek für ausreichend Lichteinfall. Sie sind eine wunderschöne Symbiose aus romanischem und gotischem Stil. In die halbrunden, romanischen Fensteröffnungen wurden, durch eine schmale Säule getrennt, zwei gotische Spitzbogenfenster eingearbeitet.
Im Schlafsaal hingegen waren kleinere Fenster ausreichend. Es sollte ja auch geschlafen werden. Hier setzte sich noch die typisch puristische Zisterzienser-Architektur mit den deutlich erkennbaren Ansätzen eines romanischen Rundbogengewölbes durch.

Ruinen des Kapitel- und Schlafsaales des Zisterzienserklosters in Kerz

Herrlich im Grünen, mit Blick auf die romantischen Klosterruinen, liegt das heutige Pfarrhaus. Ursprünglich war es Bestandteil des monastischen Komplexes. Sehr wahrscheinlich befanden sich hier die Küche und Wirtschaftsgebäude. Neben dem Pfarrhaus plätschert ein Bach mit einer Klappermühle, die ihrem Namen alle Ehre macht. Ich muss gestehen, dass das Geklappere mein Nervenkostüm auf Dauer ganz schon strapazieren würde. Ganz anders muss es der Romantiker und Pfarrerssohn Viktor Kästner empfunden haben, der vor annähernd 180 Jahren seine Jugend hier verbrachte und das Bächlein samt Mühle in einem Gedicht verewigte.

Mein Bächlein
Nichts wäre mir wohl hier auf Erden so lieb,
Als wenn mir nur immer mein Bächlein verblieb. […]
Es braust in die Tiefe noch über einen Stein,
Und treibt sich zum Spielzeug ein Klappmühlchen klein.
Dann schießt es hindurch unterm steinernen Steg
Und sucht sich sein Ufer und macht sich den Weg,
Es spielt mit den Fischlein, als wären sie sein,
Und glitzert und funkelt im Sonnenschein. […]

Noch ein kurzes Schwätzchen über Gott, die Welt und die Sommersachsen

Die Sonne brennt inzwischen erbarmungslos herunter. Zusammen mit dem Rauschen des Baches hat mein Durstgefühl den Zenit überschritten. Zum Glück gibt es hinter der Klosterkirche eine Cafeteria, die mit kühlen Getränken lockt. Also beende ich meinen Rundgang und steuere die Imbiss-Oase an.

Hinter dem Zaun des Nachbargrundstücks wird fleißig die hohe Wiese gemäht. Von Hand! Das Erfrischungsgetränk muss noch ein wenig warten, denn schnell werde ich im Vorbeigehen in ein Gespräch verwickelt.

„Woher kommen Sie? Ah, aus Deutschland! Und was machen Sie hier? Urlaub? Gefällt es Ihnen hier?“

„Ja, wir wohnen auch in Deutschland, fahren aber jedes Jahr in den Sommermonaten hierher zurück. Dann müssen wir uns erst um den Garten kümmern. In zwei Wochen kommen unsere Kinder mit den Enkeln nach. Bis dahin haben wir wieder alles auf Vordermann gebracht. Es ist immer wieder schön, hierher zurückzukommen, aber es ist nicht mehr so wie früher. Unsere Nachbarn sind auch weggezogen. Jetzt passt eine rumänische Familie auf unser Haus auf, wenn wir nicht da sind.

Nein, wir können uns nicht vorstellen, wieder für immer hier in Kerz zu leben. Jetzt, wo unsere Kinder und die Enkel in Deutschland leben, werden wir dort gebraucht. Jetzt gehören wir eben zu den Sommer-Sachsen. Davon gibt es immer mehr. Denn es ist schön hier. Und alles ist billiger. Und es ist doch immer noch ein Stück Heimat.“

Im letzten Satz klang ganz viel Melancholie mit.

Nach der letzten Einwohner-Erhebung 2011 lebten in Kerz etwa 900 Menschen, davon 88 % Rumänen, 4 % Deutsche, der Rest überwiegend Roma. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts machten die Sachsen noch die Hälfte der Einwohner aus. Eine weitere Abnahme der deutschstämmigen Bevölkerung ist allein schon aus demografischen Gründen absehbar. Aber immerhin kommen sie wieder. Jetzt auch die jüngeren Generationen. Wenn auch nur auf Zeit.


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