Detail aus dem Gemaelde "Vase mit Blumen" von Rachel Ruysch
Museen,  Niederlande

Mauritshuis – In voller Blüte – Teil II – Frauenpower


„In volle bloei -In voller Blüte“ geht in die Verlängerung. Zumindest auf meinem Blog.
Die Sonderausstellung im Mauritshuis in Den Haag schließt zwar am 6. Juni offiziell ihr Pforten, doch ist das kein Grund zur Traurigkeit. Denn während zahlreiche kunstvoll auf Leinwand, Pergament, Holz oder Kupfer inszenierte Prachtbuketts dann wieder ihre Heimreise an die über die ganze Welt verstreuten (Museums-)Wände antreten, schwelge ich hier noch ein wenig in Erinnerung.

Der erste Teil „Blumenstillleben on tour“ meiner „In voller-Blüte“-Reportage lieferte einen Einblick in die Historie des Blumenstilllebens im 17. Jahrhundert. Die Rolle der Wissenschaft kam zur Sprache, die Fragen nach den Ursachen für den Boom des neuen Kunstgenres wurden beantwortet und die stilistischen Entwicklungen der Blumenarrangements unter die Lupe genommen. Dazu dienten Werke von Jan Brueghel d. Ältere, Balthasar van der Ast, Jan Davidsz. de Heem oder Jan van Huysum als perfektes Anschauungsmaterial.

Die Jubiläumsausstellung hat aber noch mehr zu bieten. Sie rückt die häufig unterschätzten Künstler-, Sammler- und Wissenschaftlerinnen ins Bewusstsein, die sich in einer patriarchal geprägten Domäne erfolgreich durchsetzten. Deshalb steht heute die Fortsetzung meines virtuellen Ausstellungsrundgangs ganz im Zeichen der Frauenpower.

Das 17. Jahrhundert – eine Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs

Über Jahrhunderte sahen sich die Frauen in Europa in gesellschaftlichen Zwängen gefangen. Familie, Kinder, Haushalt waren die limitierenden Faktoren ihres vorbestimmten Lebenswegs. Chancen auf eine Ausbildung oder gar ein Studium gab es lediglich in einem klerikalen oder höfischen Umfeld. Die Frage der Schicklichkeit spielte dabei ebenso eine Rolle wie die Angst des starken Geschlechts, um die Macht, die Wissen verleiht. Ganz zu schweigen von den finanziellen Möglichkeiten. Viele Familien konnten sich kaum über Wasser halten. Wieso sollte also ein Vater in die Ausbildung seiner Tochter investieren, wenn sie anstatt eines Einkommens einen Ehemann nach Hause brachte? Die vier Jahrhunderte umspannende, ständige Sammlung des Mauritshuis spiegelt diese Geisteshaltung bestens wider. Von insgesamt 850 ausgestellten Gemälden sind nur vier aus Frauenhand, davon zwei Stillleben.

Das Aufblühen des Handels im 17. Jahrhundert ging vor allem in den nördlichen Niederlanden mit einem gesellschaftlichen Umbruch einher. Das „Goldene Zeitalter“ brach an. Eine tolerante, weltoffene Geisteshaltung beflügelte Wissenschaft und Kunst. Nicht mehr nur der „goldenen Löffel im Mund“, sondern vor allem Fleiß und Zielstrebigkeit konnten zu Ansehen und Erfolg führen. Plötzlich boten sich auch für Frauen ungeahnte Karrierechancen.

Die beste Starthilfe war natürlich die Geburt in eine Künstlerfamilie hinein. Malende Väter, Onkel oder Ehemänner als Lehrmeister leisteten dem Talent junger Frauen erheblichen Vorschub. Wenngleich nicht gänzlich ohne Hintergedanken. Immerhin konnte eine im Kunsthandwerk geschulte Tochter bzw. Gemahlin zum Familienunterhalt beitragen. Dies entsprach jedoch nicht immer den Vorstellungen der selbstbewussten Damenwelt, die vielmehr ein eigenständiges berufliches Standbein und finanzielle Unabhängigkeit anstrebten.

Der Pferdefuß

Allerdings gab es einen beträchtlichen limitierenden Faktor für die weibliche Kunstwelt. Die Themenwahl. Angemessen, sittsam sollten die Bildinhalte sein. Historiengemälde waren tabu, da das angesehenste aller Genre das Aktstudium vorschrieb. Um die gesellschaftliche Erwartungshaltung nicht zu brüskieren, standen den Frauen somit nur zwei Möglichkeiten offen: Porträts und Stillleben. Oder wie es in etwa der Buchhändler und Verleger Willem Goeree 1670 formulierte: „Langmütigen Töchtern und netten Damen, die viel müßige Zeit haben und sich zwischen Spiegel und Kamm mit weniger wichtigen Dingen beschäftigen möchten, sind Vögel und alle Arten von Schätzen und Blumen angemessene Motive […]“.

Dabei hatte Goeree natürlich keine durch die Natur streifenden, nach botanischen oder ornithologischen Objekten Ausschau haltenden Abenteurerinnen vor Augen. Raritätenkabinette mit ihren unermesslichen Schätzen an Naturalien und Artificialien boten genügend Anschauungsmaterial, um den Launen der Müßiggängerinnen Genüge zu tun. So blieben sie brav im Homeoffice an der Staffelei und damit eng an Heim und Herd gebunden.

Dieses Schubladendenken blieb leider in vielen Köpfen fest verankert. Nicht selten bedeuteten Heirat und Familie das Ende der Karriere. Und warum wurde das künstlerische Vermächtnis einer Malerin Jahre nach ihrem Tod einem männlichen Kollegen zugeschrieben? Dahinter steckte keine Böswilligkeit, sondern einzig und allein der patriarchalisch geprägte Geisteshorizont. Ein Meisterwerk aus Frauenhand? Absolut undenkbar!

Die Ausstellung „In voller Blüte“ beweist das Gegenteil. Wir treffen auf außergewöhnliche Frauen, die die männliche Dominanz erheblich aufmischten: Clara Peeters, Maria van Oosterwyck, Agnes Block, Maria Sibylla Merian, Maria Moninckx und Rachel Ruysch.

Einige von ihnen besaßen einen ausgeprägten Sinn für Ästhetik gepaart mit malerischer Finesse. Andere wiederum trieb die wissenschaftliche Neugier zu zeichnerischer Perfektion. Allen war gemein, dass sie in ihrem Metier überzeugten und internationale Anerkennung ernteten. Egal ob als Blumenstillleben-Malerin, botanische Zeichnerin, Naturwissenschaftlerin oder Sammlerin.

Clara Peeters – eine erfolgreiche Pionierin

Äußerst spärlich sind die Informationen über die erste bekannte flämische Stillleben-Malerin. Nicht einmal über das Geburts- und Sterbejahr herrscht unter den Kunsthistorikern Einigkeit. Vermutlich wurde sie als Clara Lamberts zwischen 1581 und 1585 in Mechelen geboren. Ihre Ausbildung übernahm sehr wahrscheinlich ihr Vater in seinem Atelier in Antwerpen. 1605 heiratete sie den Maler Henrick Peeters. Aufenthalte in Den Haag als auch Amsterdam stehen im Raum. Irgendwann nach 1636 verstarb sie in Gent. Möglicherweise.

Die junge Clara Peeters erwies sich in der Darstellung aller Arten von Stillleben als äußerst talentiert. Mangels Zugang zu anderen Genre wollte sie wenigstens das eine in seiner ganzen Bandbreite von Früchten, Fischen, über reichhaltig gedeckte Tische mit breiter Speisenauswahl und Blumen ausschöpfen.

Schon zu Lebzeiten begeisterten sich zahlungskräftige Kunden für ihre Arbeiten. Die Verwendung kostbarer Farben als auch edler Bildträger wie Eichenholz- oder Kupfertafeln sprechen dabei für sich. Man weiß zum Beispiel, dass das Museo del Prado in Madrid bereits im 17. Jahrhundert zwei Stillleben von Clara P., wie sie ihre Werke signierte, besaß. Aber woher kamen all die wertvollen Gegenständen, die kostbaren Vasen, die geschliffenen Gläser, die Goldmünzen und silbernen Pokale oder die weit gereisten Naturalien, die sich auf ihren Gemälden finden? Verfügte sie selbst oder ihre Auftraggeber über diese Schätze? Ein weiteres Rätsel.

40 Gemälde haben sich von Clara Peters erhalten. Ihr erstes malte sie im Jahr 1607, das letzte 1621. Danach existiert kein signiertes Werk mehr von ihr. Was war geschehen? Lag es am mäßigen Erfolg ihres Mannes? Opferte sie freiwillig/zwangsläufig ihre Karriere, um als anonyme „Hilfskraft“ an der Staffelei ihren Gatten zu unterstützen? Von finanziellen Schwierigkeiten und häufigen Ortswechseln ist die Rede. Oder schränkten andere Faktoren ihre künstlerische Schaffenskraft ein? Das Leben von Clara Peeters bleibt ein unergründliches Bermudadreieck.

Ein Blumenstillleben der anderen Art

Selbst ihr Œuvre hält noch manche Überraschung bereit. Aus Anlass der Ausstellung im Mauritshuis nahm das Kröller-Müller-Museum eine restauratorische Auffrischung des „Bloemenstilleben“ vor. Experten vertraten schon seit Längerem die Ansicht, dass Helene Kröller-Müller das Bild 1918 mit einer falschen Zuschreibung erworben hatte. Die Vermutung fand sich nun bestätigt. Bei der sorgfältigen Reinigung kam nämlich die übermalte Signatur von Clara Peeters zum Vorschein. Folglich stammt die florale Inszenierung nicht, wie beim Verkauf angegeben, aus der Hand des deutschen Malers Peter Binoit. So etwas nennt man perfektes Timing.

Clara Peeters; Blumenstillleben; 17. Jh
Clara Peeters; Blumenstillleben; 17. Jh.; © Kröller-Möller-Museum

Doch nicht nur diese Geschichte macht das Blumenstillleben so außergewöhnlich. Die Darstellung des farbenfrohen Potpourris aus Wild- und Zuchtblumen hebt sich deutlich von den üblichen, kunstvoll in einer Vase drapierten Buketts ab.

„Puh, hoffentlich habe ich mir keinen Sonnenstich geholt! Und dann noch der weitläufige Garten! Zum Glück ist der Flechtkorb voll und ich bin wieder im Kühlen. Die Blüten mit den erlesensten Duftnoten soll ich in der fein ziselierten Schale für das Schlafgemach der Hausherrin herrichten. Der Rest kommt in eine Vase für den Salon. Ach herrje, wo habe ich die denn wieder abgestellt. Ich muss mich beeilen. Die Hitze hat einigen Blumen schon ganz schön zugesetzt. Mist, wer klingelt denn jetzt schon wieder nach mir? Nichts kann man hier fertigmachen…“

Könnte so die Momentaufnahme zu dem leicht chaotischen Blumenstillleben ausgesehen haben? Nun müssen also all die Anemonen, Tulpen, Rosen, Narzissen, Akeleien und weiteren Schönheiten warten, bis sie liebevoll in Szene gesetzt werden. Doch vielleicht sind sie bis dahin schon verwelkt? Maikäfer und Libelle können ein Lied davon singen, wie kurz das Vergnügen des irdischen Daseins ist.

Maria van Oosterwyck – Blumen in einem Elfenbeinbecher – oder ein Elfenbeinbecher mit Blumen?

Im Vergleich zu Clara Peeters Blütendurcheinander präsentiert sich das blumige Arrangement von Maria van Oosterwyck von seiner besten Seite. Mit „nur“ 16 verschiedenen Sorten gestaltete die Barockmalerin ihr Bouquet relativ bescheiden. Vor dem dunklen Hintergrund springen die kräftigen Rot-, Rosa- und Orangetöne markant ins Auge. Gestreiftes Schilfgras, Käfer und Insekten bringen Bewegung und Natürlichkeit ins Spiel. Die massive Marmortischplatte schafft ein edles Ambiente.

Nichts überlässt die gläubige Pfarrerstochter auf ihrem Blumenstillleben dem Zufall. Das cremefarbene Standgefäß aus Elfenbein mitsamt dem beiläufig auf dem Tisch platzierten Deckel offeriert eine Fülle symbolbeladener, sündiger Motive. Pummelige Putten, Weinranken, ein Satyr, pralle Trauben, eine Ziege – mehr Liebestollerei, Lüsternheit und Ausgelassenheit geht kaum. Oder doch? Eros ist nämlich auch nicht weit. Der Liebespfeil ist zum Abschuss bereit. Sein Ziel, die vom Schilfgras geschickt vor neugierigen Blicken verdeckte nackte Schönheit. Dagegen ist sich die Liebesgöttin Venus ihrer Mission nicht mehr so sicher. Ehrfurchtsvoll kniet sie vor der prächtigen Sonnenblume, der Verkörperung der wahren Gläubigen in ihrer Treue zu Christus. Die Botschaft ist eindeutig. Keine irdische Liebe kann je an die göttliche heranreichen. Fragt sich nur noch, ob die Blumen auf dem Gemälde tatsächlich die Hauptrolle spielen?

Maria van Oosterwijck; Blumen in einem Elfenbeinbecher; ca. 1670-1675
Maria van Oosterwijck; Blumen in einem Elfenbeinbecher; ca. 1670-1675; © Mauritshuis Den Haag

Ein rasanter Aufstieg

Maria van Oosterwyck (1630-1693) konnte sich glücklich schätzen. Von ihrem Vater, einem evangelischen Prediger, erhielt sie eine solide christliche Erziehung, während sie gleichzeitig durch die Verwandtschaft ihrer Mutter als auch ihrer späteren Stiefmutter in einem künstlerischen Milieu aufwuchs. Ob sie bereits in ihrem Heimatort Delft ihr erstes Atelier einrichtete oder erst später in Leiden oder Utrecht lässt sich heute nicht mehr mit Sicherheit sagen. Ebenso wenig, wer ihr das Malerhandwerk lehrte. Namhafte Künstler wie Abraham van Beijeren, Davidsz. de Heem und Willen van Aelst werden dafür gehandelt. Unstrittig ist dagegen, dass sich Maria von de Heem inspirieren ließ und van Aelst ihr zu internationalem Durchbruch verhalf.

Im Jahr 1666 war sie in die Kunstmetropole Amsterdam gezogen. Zunächst arbeitete sie in der Werkstatt von Willem van Aelst, bevor ihre Bilder unter den gekrönten Häuptern und wohlhabenden Staatsmännern Europas für Furore sorgten. Leopold I., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, als auch der Florentiner Bankier Cosimo de‘ Medici zählten zu ihren ersten Käufern. Mit ihrem Bekanntheitsgrad stellte sich auch der finanzielle Erfolg ein. Sie machte sich selbstständig und leistete sich ein eigenes Anwesen an der Keizergracht direkt gegenüber dem Haus ihres ehemaligen Mentors.

Karriere first – Maria van Oosterwyck und der ausgebuffte Heiratsdeal

Wallerant Vaillant; Porträt Maria van Oosterwijck; 1671
Wallerant Vaillant; Maria van Oosterwijck; 1671, © Rijksmuseum Amsterdam

Man erzählt sich die Anekdote, dass Willem van Aelst (1627-1683) die hübsche Künstlerin als optimale Heiratspartie heftig umwarb. Doch die inzwischen auf eigenen Beinen stehende Malerin hatte kein Interesse an dieser Verbindung. Um eine unschickliche brüske Zurückweisung zu vermeiden, entschied sie sich für eine diplomatische Lösung. Sie erklärte sich bereit, dem Antrag des als Lebemann bekannten Malers unter einer Bedingung nachzugeben. Er musste die Ernsthaftigkeit seines Anliegens unter Beweis stellen, indem er ein Jahr lang jeden Vormittag an seiner Staffelei verbrachte. Van Aelst ging auf den Deal ein, ohne in Betracht zu ziehen, dass die clevere Maria von ihrer gegenüberliegenden Wohnung freien Blick auf sein Atelier hatte. Über jeden „Fehltag“ führte sie mit einem Strich an ihrem Fensterrahmen genaustens Buch. Wie das Fazit nach Ablauf des Jahres ausfiel, kann man sich denken…

Als Glücksgriff erwies sich dafür die Haushälterin Geertgen Wyntgen. Sie führte der gefragten Malerin nicht nur den Haushalt, sondern half ihr auch beim Präparieren der Leinwände und Mischen von Farben. Dabei zeigte sie so viel Talent, dass Maria sie zur Malerin ausbildete.

Nur etwa zwei Dutzend Gemälde haben sich bis heute von Maria Oosterwyck erhalten. Alle entstanden zwischen 1667 und 1689. Möglicherweise umfasste ihr Lebenswerk auch keinen wesentlich größeren Umfang. Zum einen, weil die im wahrsten Sinne fürstlichen Entlohnungen ihr ausreichend musischen Freiraum verschafften und zum anderen, weil sie als anspruchsvolle Perfektionistin galt. Eine Eigenschaft, die auch der französische Sonnenkönig Ludwig XIV. sowie August der Starke, Kurfürst von Sachsen und König von Polen schätzten. Beide Monarchen besaßen Stillleben der gefeierten Künstlerin. Zwei ihrer letzten Werke erwarb die britische Queen Anne im Jahr 1686 bzw. 1689. Beide schmücken heute noch das Esszimmer der Königin im Kensington Palace.

Agnes Block – eine weibliche Institution des 17. Jahrhunderts

Botanikerin, Züchterin, Künstlerin, Sammlerin, Mäzenin. Hoffentlich habe ich nichts vergessen. Agnes Block (1629-1704) war ein weiblicher Tausendsassa. Ihre Begeisterung für Flora und Fauna kannte keine Grenzen. Nach dem Tod ihres ersten Mannes kaufte sie sich deshalb ein riesiges Landgut an der Utrechtschen Vecht. Ohne Kosten und Mühen zu scheuen, umgab sie ihren“ Vijverhof“ mit einer beeindruckenden Gartenanlage aus Orangerie, Treibhäusern, Obst-, Zier- und Gemüsegärten. Selbst Volieren mit exotischen Vögeln fanden dort ein Unterkommen.

Philip Tidemann; Skizze für das Titelblatt von Agnes Blocks Florilegia; c. 1690 - 1700
Philip Tidemann; Skizze für das Titelblatt von Agnes Blocks Florilegia; c. 1690 – 1700; © Rijksmuseum Amsterdam

Zunächst nur als Sommersitz gedacht, verbrachte sie bald das ganze Jahr auf dem Land. Es gab keinen Monat, in dem nicht irgendein heimisches Gewächs seine ersten Knospen zeigte oder eine ihrer unzähligen exotischen Errungenschaften in voller Pracht erblühte. Doch Agnes sammelte nicht ausschließlich um des Sammeln willens. Sie hatte auch ein wissenschaftliches Interesse an der Botanik. Um die kurzlebigen Wunder der Natur zu erfassen, begann sie die Pflanzenwelt ihres Gartens „Flora Batava“ auf Aquarellen festzuhalten. Ein mühsames Unterfangen für nur eine Person. Also engagierte sie das „Who is Who“ der botanischen Zeichner und vor allem Zeichnerinnen. Maria Sibylla Merian aber auch Jan und Maria Moninckx waren regelmäßig Gäste auf dem Landsitz an der Vecht. Über die Jahre entstanden so drei prall gefüllte Alben mit detailgetreuen Illustrationen.

Müßiggang war auf dem Vijverhof ein Fremdwort, obwohl die Gutsbesitzerin kein kommerzielles Interesse an ihrer Pflanzenzucht besaß. Erfüllung brachten ihr die rege Korrespondenz und der Austausch von Wissen mit Naturforschern aus Paris, Bologna, Venedig sowie den Koryphäen des Hortus Botanicus in Amsterdam und Leiden. Häufig wechselten dabei auch Blumenzwiebeln und Pflanzensamen die Besitzer. In wissenschaftlichen Kreisen Würdigung für ihre Arbeit zu finden und sich intellektuell in einer Männerdomäne zu behaupten, ging Agnes Block über alles.

Die Sache mit der Ananas

1687 landete die Hobby-Botanikerin dann den ganz großen Coup. Agnes Block war die erste Frau in Europa, der es in einem Treibhaus gelungen war, aus einem winzigen, aus Südamerika importierten Steckling, eine Ananasfrucht zu ziehen. Ein international aufsehenerregendes Ereignis, für das sie sich selbst mit einer silbernen Gedenkmünze feiern ließ.

Auf dem von Jan Weenix Ende des 17. Jahrhunderts angefertigten Familienporträt steht im Mittelpunkt eine selbstbewusste Frau, umgeben von den Menschen und Dingen, die sie wertschätzte. Vor der Kulisse der Flora Batava mit dem Treibhaus zur Linken und dem mächtigen Landhaus Vijverhof im Hintergrund breitet sich der Lebensinhalt der Sammlerin aus. Pflanzen, Vögel, Bilder, Statuen, exotische Muscheln, Schmetterlinge, Bücher. Objekte der Botanik, der Ornithologie, der Kunst, des Wohlstand und der Wissenschaft. Dazu ein seltener Kugelkaktus und natürlich die berühmte Ananas. Bewusst noch am Stamm. Es sollte ja niemand auf die Idee kommen, die Frucht sei nicht mehr frisch.

Jan Weenix; Agnes Block, Sybrand de Flines en twee kinderen op de buitenplaats Vijverhof, 1684-1704
Jan Weenix; Agnes Block, Sybrand de Flines und zwei Kinder auf dem Landgut Vijverhof, 1684-1704, © collectie Amsterdam Museum

Agnes Block waren keine Kinder vergönnt. Ihr zweiter Ehemann, der erfolgreiche Seidenhändler Sybrand de Flines (links im Bild) starb bereits 1697. Weder Stiefkinder, noch Neffen, Nichten oder Großnichten, in die Agnes viel Hoffnung gesetzt hatte, zeigten Interesse an der Fortsetzung ihres Lebenswerks. Keine drei Monate nach ihrem Tod veräußerten die Erben den Vijverhof samt Gartenanlage und kurze Zeit später auch die wertvollen botanischen Sammelalben. 

Maria Moninckx – die Perfektionistin unter den botanischen Illustratorinnen

Ihr Auftragsbuch war voll, ihr zeichnerisches Talent herausragend. Wann immer es auf die realitätsgetreue Wiedergabe eines floralen Exemplars ankam, fiel ihr Name. Maria Moninckx (1676-1757) war die gefragteste botanische Illustratorin ihrer Zeit.

Über Generationen bewies die Moninckx-Familie einen ausgeprägten Hang zur Malkunst. Wenig überraschend also, dass Maria beruflich denselben Weg einschlug. Von ihrem Vater Johannes erhielt sie das handwerkliche Know-How, von ihrer blumenmalenden Großtante Machtelt das Interesse an der Pflanzenwelt. Sie selbst steuerte zu ihrer glanzvollen Laufbahn ein gutes Auge fürs Detail, eine feine Pinselführung und das Gespür für eine perfekte Farbwiedergabe bei.

Mesembryanthemum Crassifolium aus Moninckx Atlas vol. 7; ca. 1699-1706
Moninckx Atlas vol. 7; ca. 1699-1706; Mesembryanthemum Crassifolium (Südafrika); © Allard Pierson – The Collections of the University of Amsterdam

Mitte der 1680-er Jahre galt der Hortus Botanicus in Amsterdam als das Superlativ europäischer Pflanzensammlungen. Kein anderer Botanischer Garten verfügte über einen derart exorbitanten Reichtum an Zier-, Nutz-, kräuter-, Heil- oder exotischen Pflanzen. Dafür brüsteten sich andere renommierte Gärten mit einem Herbarium. Amsterdam dagegen mit einem großen Nichts. Was, wenn ein Schädling, ein Virus, ein Unwetter oder Feuer die ganze Pflanzenpracht vernichten würde? All die Arbeit, Forschungen, finanziellen Investitionen wären unwiederbringlich verloren. Eine Dokumentation musste her.

Die Überlegung ein klassisches Herbarium anzulegen, verwarf man zügig. Die Pflanzen verloren durch die Trockenkonservierung häufig ihre prachtvolle Farbe, wurden beschädigt oder bei unsachgemäßer Lagerung von Schimmel, Fäulnis oder Käfern befallen. Aus diesem Grund ging man in Amsterdam neue Wege.

Der Moninckx-Atlas

Der damalige Direktor des Botanischen Gartens, Jan Commelin, entschied sich für eine gemalte Bilddatenbank. Mit der Umsetzung des Mammutprojekts, das ein gutes Vierteljahrhundert in Anspruch nahm, betraute er mehrere botanische ZeichnerInnen, darunter Jan und Maria Moninckx. Für vier Gulden pro Aquarell wurden die exotischsten Pflanzen des Hortus für die Nachwelt auf Pergament festgehalten und später zu insgesamt acht Alben gebunden. Es existiert noch ein neunter Nachzüglerband aus dem Jahr 1749, der mit 5 Zeichnungen unvollendet blieb. Insgesamt umfasst der sogenannte „Moninckx-Atlas“ 420 Aquarelle. Seine Bezeichnung verdankt er den Namensvettern unbekannten Verwandtschaftsverhältnisses (evtl. Nichte – Onkel?), die die Hauptarbeit zum Gelingen der Herkulesaufgabe beisteuerten. Jan fertigte 273, Maria 101 Blätter an.

Nicht nur einen, sondern gleich drei Blicke gewährt die Jubiläumsausstellung im Mauritshuis auf die über einen halben Meter großen Alben. Angefüllt mit naturgetreuen Darstellungen exotischer Pflanzen. Farbecht, plastisch, akribisch genau. Sie sollten einen wissenschaftlich-dokumentarischen Zweck erfüllen. Und doch sind sie so viel mehr. Nämlich ganz große Kunst!

Blick auf zwei Baende des Moninckx-Atlas in der Ausstellung "in voller Bluete" im Mauritshuis

Maria Sibylla Merian – eine Frau geht ihren Weg

Hat sich da gerade ein braunes, sechsbeiniges Geschöpf mit langen Fühlern die Wand entlang bewegt? Es schüttelt mich. Beim zweiten Hinschauen – Entwarnung. Alle Kakerlaken sind noch an ihrem Platz auf dem Papier. Zum Glück, denn alles, was kreucht und fleucht, jagt mir zugegebenermaßen Ekelschauer den Rücken hinunter. Ganz im Gegensatz zu Maria Sibylla Merian. Sie hatte die Insektenwelt mit faszinierenden Augen gesehen und mit wissenschaftlichen Ambitionen erforscht. On top hielt sie ihre Erkenntnisse kunstvoll in Wort und Bild fest.

Das künstlerische Talent bekam Maria Sibylla (1647-1717) von ihrem Vater, dem Frankfurter Kupferstecher und Verleger Matthäus Merian, in die Wiege gelegt. Nach seinem Tod heiratete ihre Mutter den niederländischen Stilllebenmaler Jacob Marrel. Einen besseren Lehrmeister, um ihre kreative Ader zu fördern, hätte sich das junge Mädchen kaum wünschen können. Ihre eigentliche Passion gehörte jedoch von Kindesbeinen an den kleinen und kleinsten Lebewesen. Die Entwicklungsstadien eines Seidenspinners waren durchaus faszinierend. Aber bestimmt hielt die Natur noch sehr viel wundersameren Raupen und bildhübschen Schmetterlinge bereit, die nur darauf warteten von ihr erforscht zu werden. Maria Sibylla Merian hatte ihre Berufung gefunden.

Das Leben verläuft jedoch nicht immer nach Wunsch. Zunächst standen Heirat und Familiengründung an. Da ihr Mann häufig mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, sorgte Maria mit der Eröffnung eines Farbenhandels für ein sicheres Einkommen. Parallel dazu arbeitete sie 1675 an ihrer ersten Publikation, einem Blumenbuch als Stickvorlage. Mit ihrer sogenannten „Jungfern-Companie“, einer Mal- und Stickschule für ledige Damen aus gehobenen Gesellschaftskreisen, hatte sie auch schon die geeigneten Abnehmerinnen gefunden.

Das erste europäische Raupenbuch

Die kommenden Jahre trieb sie autodidakt ihre Insektenforschung voran. 1679 war es dann so weit. Ihr erster von insgesamt drei Bänden mit dem Thema „Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung“ wurde veröffentlicht. Eigentlich eine aufsehenerregende Premiere, denn bisher hatte sich kein Naturforscher so intensiv mit dem Studium und der entsprechenden Bild-Text-Dokumentation der Metamorphose der europäischen Raupen einschließlich ihrer pflanzlichen „Speisen“ beschäftigt.

Allerdings haftete ihrem Raupenbuch in den damaligen Augen der Wissenschaft ein beträchtliches Manko an. Es war in deutscher und nicht in lateinischer Sprache verfasst. Die Enttäuschung darüber ließ sich Maria nicht anmerken. Als clevere Kauffrau machte sie aus der „Not“ eine finanzielle Tugend. Sie entwickelte eine besondere Drucktechnik, um aus ihren meisterhaften Abbildungen hochwertige Faksimile für betuchte Sammler anzufertigen.

Zu ihrem Schmetterling mit dem Zweig einer Großen Spanischen Stachelbeerblüte schrieb sie: „Ein Jahr gedenke ich / in welchem es so viel und absonderliche / grosse Raupen gegeben / die grösseren Schaden an den Bäumen gethan / als dieses 1679. Jahr. […] Diese Raupen nun nehmen ihren Anfang im April / derer Farbe braun / mit schwarzen Streiffen / und weissen Flecken bezeichnet. Sie haben einen sehr langsamen Gang / essen gerne die Stachelbeere […]. Im Junn machen sie ein rundes Gespinst / in Form eines schmalen / doch ablänglichten Eies / welches ganz hart ist / und braun an der Farb.“

Unglaublich! Schaut Euch mal Maria S. Merians bald 350 Jahre alte Abbildung des Eichenspinners vom Kokon über die Raupe und Puppe zum Schmetterling an und vergleicht sie dann mit den Fotos aus dem 21. Jahrhundert. Daran zeigt sich der wahre Wert ihres Könnens. Ohne Studium, ohne Kenntnisse jeglicher Systematik, reine Beobachtungsgabe. Ein Bestimmungsbuch par excellence.

Die Erfüllung eines Lebenstraums

Nach Umzug, Scheidung und nochmaligem Umzug eröffnete die  Naturforscherin 1691 mit ihren beiden Töchtern ein Atelier in Amsterdam. Die drei Gründerfrauen machten sich im Farbenhandel einen Namen, erteilten Malunterricht und nahmen lukrative Auftragsarbeiten für Buchillustrationen an. Das Geschäft lief gut, die Zukunft der beiden Töchter war finanziell abgesichert. Eigentlich hätte sich Maria auf einen ruhigen Lebensabend einstimmen können. Aber da war ja noch die unstillbare Faszination für die Entomologie. „Jetzt oder nie“, musste sie sich gedacht haben und packte zusammen mit ihrer jüngeren Tochter 1699 die Koffer. Es ging nach Surinam in den südamerikanischen Urwald! Mit 52 Jahren! Knappe 24 Monate verbrachte das Mutter-Tochter-Gespann auf Expedition in der niederländischen Kolonie, bevor eine Malariaerkrankung zur vorzeitigen Rückkehr zwang.

Das Ergebnis ihrer Studien trug Maria nach ihrer Rückkehr in der „Metamorphosis Insectorum Surinamensis“ zusammen. Die 1705 erschienene Prachtausgabe handkolorierter Kupferstiche zeigt etwa 90 verschiedene Insekten in lebensechter Größe. Ein absolutes Novum. Mit der Darstellung des Lebenszyklus exotischer Schmetterlinge in ihrem natürlichen Lebensraum erntete sie endlich die lang ersehnte Anerkennung in Kunst- und Wissenschaftskreisen.

Maria Sibylla Merian gehörte zu den schillerndsten Persönlichkeiten ihrer Generation. Dem normierten Frauenbild ihrer Zeit weit voraus, ging sie ihren ganz eigenen Weg. Mutig, konsequent, leidenschaftlich. Sie hinterließ ein Lebenswerk, das gleichzeitig wissenschaftlich innovativ und künstlerisch wertvoll war.

Rachel Ruysch – ein Frühwerk als Talentschau

Rachel Ruysch (1664-1750) war die Ikone der Blumenstillleben-Malerinnen im 18. Jahrhundert. Talentiert, berühmt und finanziell erfolgreich. Den Grundstein für ihre beispiellose Karriere legte Vater Frederik Ruysch. Der angesehene Anatomieprofessor und Direktor des Hortus Botanicus in Amsterdam förderte die künstlerische Neigung seiner Tochter. Mit 15 Jahren ermöglichte er ihr das Studium der Schönen Künste bei Willem van Aelst in Amsterdam. Der weltmännische Maler galt als Virtuose in Sachen Stillleben. Doch während ihr Lehrer eine ausgeprägte Schwäche für Jagdstillleben besaß, fokussierte sich Rachel bald auf die botanische Welt.

„Baumstamm umgeben von Blumen, einem Hirschkäfer und anderen Insekten“ zählt zu ihren Frühwerken. Ein farbenprächtiges Blumenarrangement inmitten einer wilden Naturlandschaft. Welch überraschendes Setting! Oder eher ein wohlüberlegter Schachzug? Die natürliche Umgebung erlaubte der 21-Jährigen ihr ganzes Können in einem glaubwürdigen Rahmen zu präsentieren. Denn abgesehen von der Blütenvielfalt bietet das Bild eine naturkundliche Entdeckungsreise. Zwei Schmetterlinge lenken die Aufmerksamkeit auf sich, eine Eidechse begutachtet ihr nächstes Opfer, Schnecken strecken ihre Fühler aus und der große Hirschkäfer macht sich auf den Weg zu einer üppigen Mahlzeit.

Während Pilze, Steine und der abgestorbene Baumstamm nur Statistenrollen einnehmen, gehört dem Moosteppich im Vordergrund das Hauptaugenmerk. Ist er nicht täuschend echt? Kein Wunder, denn Rachel griff hierfür in ihre handwerkliche Trickkiste. Echtes Moos oder kleinporige Schwämmchen in Farbe getaucht, auf die Leinwand getupft, und schon war der weiche Waldboden gezaubert.

Direkt neben Rachels Blumenstillleben im Wald greift ein weiteres Gemälde dasselbe Thema auf. Mitnichten ein Zufall. Das weniger ausgefeilte Naturschaustück stammt von Anna Ruysch. Rachels ältere Schwester widmete sich nach ihrer Heirat vornehmlich den Pflichten einer Ehe- und Hausfrau.

Vase mit Blumen – Ein florales Meisterwerk

Für Rachel war dies keine Option. Als moderne Frau brachte sie Familie und Beruf unter einen Hut. 1701 wurde ihr Können offiziell honoriert. Als erste Frau fand sie Aufnahme in der Confrérie Pictura von Den Haag, der Bruderschaft der Kunstmaler und Bildhauer. Fortan konnte sie ihre Bilder öffentlich ausstellen und verkaufen.

Ein Jahr zuvor entstand die „Vase mit Blumen“. Eine Komposition, die stutzig macht. Ein Detail, das sofort ins Auge springt. Die gähnende grüne Leere in der Bildmitte. Ein abgeschnittener Stängel, aus dem noch der Saft tropft. Eine Momentaufnahme mit viel Symbolgehalt.

Die Mohnblume hat als Erste das Zeitliche gesegnet. Welche Blume wird als Nächstes folgen? Die über den Tischrand hängenden Rosenknospen oder die sich einrollenden Blütenblätter der Tulpe? Ich tippe auf die Iris. Sie hat schon jegliche Haltung verloren. Schlaff lässt sie ihren Kopf hängen. Die gelb verfärbten und angenagten Blätter im Vordergrund gehören ebenfalls entsorgt. Ach herrje, hat denn noch niemand die Ameisen im schneeweißen Blütenkopf der Rose bemerkt? Vielleicht hilft einmal ausschütteln. Autsch! Jetzt habe ich mich doch glatt an den Dornen gepikst.

Das Bouquet hat wahrlich seine besten Tage hinter sich. Doch auch in der Vergänglichkeit liegt Schönheit. Es muss nicht immer alles perfekt sein. Perfektion ist reine Illusion. Apropos Illusion. Ich kann bestens nachvollziehen, warum Rachel Ruyschs Kunstwerke so begehrt waren. Der Blumenstrauß fühlt sich greifbar real an. Das Lichtspiel auf dem Blütenblatt der flammenden Tulpe und der Lilie ist phänomenal. Und erst die transparente Textur der rosa Mohnblume. Ganz zu schweigen von den hervortretenden Blattadern der fülligen roten Blüte am rechten Bildrand. Einfach ganz großes (Blumen-)Kino!

Eine Powerfrau wie aus dem Bilderbuch

Juriaen Pool; Portrait of the Painter Rachel Ruysch; 1710/20;
Juriaen Pool; Porträt der Malerin Rachel Ruysch; 1710/20; © Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam

Ebenfalls zu Beginn des 18. Jahrhunderts fand sich bei Frederik Ruysch ein illustrer Gast ein. Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz musste unbedingt das legendäre Kuriositätenkabinett mit eigenen Augen bestaunen. Zweifelsohne versetzten all die exotischen Objekte und konservierten Präparate den Pfalzgrafen in Erstaunen, doch noch mehr war er von den Blumenstillleben im Hause Ruysch angetan. Prompt ernannte er Rachel zur Hofmalerin in Düsseldorf, allerdings mit Rücksicht auf ihre Kinderschar ohne Residenzpflicht. 

1681 malte Rachel Ruysch ihr erstes Bild. Nach über sechs Jahrzehnten einer Bilderbuch-Karriere legte sie 1747 den Malerpinsel endgültig aus der Hand. Ihre besondere Begabung für prächtige Arrangements und farbliche Harmonien verhalf dem Genre der Prunkstillleben zu einer bis Mitte des 18. Jahrhunderts andauernden Blütezeit. Die Qualität ihrer Arbeiten rief bei Sammlern, Kritikern und Kollegen höchste Bewunderung hervor. Auch finanziell übertraf sie viele ihrer männlichen Kollegen. Während Rembrandt 500 Gulden für eine Auftragsarbeit erhielt, wurde Rachel Ruysch mit bis zu 1200 Gulden pro Stillleben entlohnt. Völlig zurecht wird sie deshalb noch heute als Star unter den Malerinnen des Goldenen Zeitalters angesehen. Und eines darf man dabei nicht vergessen: Ganz nebenbei zog sie noch zehn (!) Kinder groß. Ohne Kindermädchen, wie sie gerne selbst betonte. Was für eine Power-Frau!


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