die dunklen Tannen des Schwarzwalds vor blauem Himmel
Heimat,  Unterwegs

Allerheiligen im Schwarzwald – Ruinen, Wasserfälle & Mark Twain


Ich liebe den verführerischen Duft von warmen Zimtschnecken und von frisch gebackenem Brot mindestens so sehr wie das intensive Aroma von blühendem Lavendel, reifen Feigen oder frisch gemähtem Gras. Aber noch mehr liebe ich den Geruch von Wald, das Erdige des Humus, die Feuchte von Moos, die Farbe Grün in allen Schattierungen und die frische, unverbrauchte Luft.

Die Natur bietet ein Füllhorn an Geruchsexplosionen: teils dezent und flüchtig, teils intensiv und penetrant. Mal verlockend fruchtig oder würzig, mal unangenehm süßlich oder blumig. Meiner Meinung nach gibt es allerdings nur einen einzigen puristischen Geruch, nämlich den des Walds.

Sonnenlicht fällt in den Schwarzwald

Heute ist mir nach Wald! Und nach Abkühlung! Deshalb packe ich geschwind festes Schuhwerk ein, und ab geht es in Richtung Nationalpark Schwarzwald Mitte/Nord. In weniger als einer Stunde Fahrtzeit habe ich das Tor zu meiner heutigen Glückseligkeit erreicht: die Allerheiligen Wasserfälle!

Natur pur!

Ich folge dem ausgeschilderten Feldweg und bin schon nach wenigen Metern von dunklen, hochaufgeschossenen Tannen und Schatten spendenden Laubbäumen umgeben. Linkerhand begleitet mich das quirlige Plätschern des Lierbachs, ansonsten begegne ich keiner Menschenseele.

Immer wieder halte ich an, um die reine Luft des Walds zu atmen und zu riechen. Ich genieße  die Abgeschiedenheit des Ortes. Keine Abgase, keine laufenden Automotoren oder aufheulenden Motorräder, und vor allem kein nervtötendes Handy-Geklingel. Nur die Geräusche der Natur begleiten meinen Weg. Beinahe andächtig lausche ich dem an- und abschwellenden Vogelgezwitscher, dem Gurgeln des Baches und dem Wind, der sanft durch die Baumkronen streicht.
Ich habe vor mir eine wildromantische und abwechslungsreiche Kulisse par excellence! Moosbewachsene Überhänge lösen schroffe Felsen und hohle Baumwurzeln ab. Dazwischen findet sich üppig wuchernder Farn, und verstreut blühender, purpurner Fingerhut sorgt für auffällige Farbtupfer.

Inzwischen habe ich das unterste Becken der Wasserfälle erreicht. Von nun an geht es über mehrere, zum Teil im Zick-Zack verlaufende Treppen steil hinauf. Über insgesamt sieben Fallstufen stürzt sich der Lierbach aus über 80 Metern in die Tiefe.

Leider hat die massive Hitzewelle der letzten Tage ihren Tribut gefordert. Statt tosender Wassermassen, schießt vielmehr ein harmloses Bächlein die schroffen Felsen hinab. Somit bleibt der „Wow“-Effekt beim Anblick eines der höchsten, naturbelassenen Wasserfälle Deutschlands leider aus. Nur ein paar dicke Äste und schmale Baumstämme, die sich quer über dem Bachlauf verkantet haben, zeugen von der Naturgewalt, die der Lierbach bei hohem Wasserstand ausüben kann.

Ein verborgenes Juwel!

Noch vor knapp 200 Jahren war eine Erkundung des Naturschauspiels unmöglich. Erst im Jahre 1840 entdeckten ein Forstmeister und sein Waldhüter die Kaskaden in der engen Schlucht des Lierbachtals. Mit Holzleitern und Stegen machten sie die Wasserfälle der Öffentlichkeit zugänglich.

Das Angebot fand enormen Zuspruch. Ausflüge in die Natur waren nicht nur unter den Romantikern sehr beliebt, sondern auch für die hart arbeitenden Bevölkerungsschichten eine willkommene Abwechslung zur Verstädterung und boomenden Industrialisierung.

Als dann noch Herr Baedeker die Allerheiligen Wasserfälle selbst in Augenschein genommen und 1853 einer Aufnahme in seinen Reiseführer für würdig erachtete, waren sie kein Geheimtipp mehr.

Eine internationale Karriere

Selbst ausländische Gäste zog die wilde Landschaft mit der mystischen Klosterruine an. Kein geringerer als Mark Twain machte während seiner zweiten Europareise 1878, Station in Allerheiligen. Er schrieb darüber in seinen Reiseerlebnissen „A Tramp Abroad“ (Bummel durch Europa):

„Den ganzen Nachmittag ging es bergauf. Um fünf oder halb sechs erreichten wir den Gipfel und plötzlich teilte sich der dichte Vorhang des Waldes. Wir schauten in eine tiefe, schöne Schlucht hinunter mit einem weiten Panorama bewaldeter Berge dahinter, deren Gipfel in der Sonne leuchteten und deren von Lichtungen durchzogene Hänge von violetten Schatten gedämpft wurden. Die Schlucht zu unseren Füßen – genannt Allerheiligen – bot am Ende ihres grasbewachsenen Bodens gerade genug Platz für ein abgeschieden von der Welt mit ihren Belästigungen gelegenes, gemütliches, entzückendes Menschennest, und folglich hatten die Mönche der alten Zeit nicht verpasst, es zu entdecken. Hier waren die anmutigen Ruinen ihrer Kirche und ihres Konvents, die bewiesen, dass auch die Priester vor siebenhundert Jahren bereits den gleichen guten Riecher hatten, die besten Winkel und Ecken eines Landes aufzuspüren, wie heute.

Mark Twains gespaltenes Verhältnis zur deutschen Küche

Ein großes Hotel verdrängt nun die Ruinen ein wenig und betreibt ein lebhaftes Geschäft mit Sommertouristen. Wir stiegen in die Schlucht hinab zum Abendessen, das sehr zufriedenstellend hätte sein können, wenn die Forelle nicht gekocht gewesen wäre. Die Deutschen kochen mit Sicherheit nicht  nur Forellen, sondern auch alles andere, wenn man sie sich selbst überlässt. […].
Nach dem Abendessen wanderten wir durch das Tal. Es ist eine wunderschöne Mischung aus Waldlieblichkeit und schroffer Wildnis. Ein klarer Bach schießt pfeifend die Schlucht hinunter, schlängelt sich am Ende durch einen schmalen Spalt zwischen hohen Abgründen und stürzt dann über eine Abfolge von Felsen. Nachdem man den letzten hinter sich gelassen hat, hat man einen sehr angenehmen Blick auf die Wasserfälle – sie steigen in einer siebenstufigen Treppe aus schäumenden und glitzernden Kaskaden empor und ergeben ein Bild, das ebenso bezaubernd wie ungewöhnlich ist.“

Mit deutscher Kochkunst konnten wir bei Mark Twain offensichtlich nicht punkten, dafür mit der prächtigen Natur. Immerhin!  

Wasserfaelle Allerheiligen bzw. Buettelsbacher Wasserfaelle im Schwarzwald

Unseriöse Klosterbrüder

Nachdem ich die 232 Treppen entlang der Kaskaden hinter mir gelassen habe, mache ich die Bekanntschaft von Bruder Pauli. Glücklicherweise nicht in Person, sondern nur auf einer kleinen Infotafel am Wegrand.
Diese erzählt dass der Priester, anstatt zu beten, lieber die silbernen Kruzifixe aus der Sakristei entwendete. Daraus goss er Kugeln, um seiner Jagdleidenschaft zu frönen. Als der Tag gekommen war, an dem Bruder Pauli vor seinen Schöpfer trat, hatte er kein gnädiges Urteil zu erwarten.
Zur Strafe für sein unchristliches Verhalten, muss Bruder Pauli nun für immer als Geist in den Wäldern des Klosters umherirren. Schon zu Lebzeiten ein Tunichtgut, scheint auch im Jenseits keine Besserung eingetreten zu sein. Immer wieder lauert er Fuhrleuten oder Beeren suchenden Wanderern auf und spielt ihnen böse Streiche.

Lierbach mit wenig Wasser im Schwarzwald

Übrigens treibt in den Wäldern ein weiterer Geist sein Unwesen. Der sogenannte Moospfaffe teilt dasselbe Schicksal wie Pater Pauli, auch wenn sein Vergehen ganz anderer Natur war.
Der Geistliche wurde zum in der Nähe wohnenden Moosbauern gerufen, als dessen letzte Stunde geschlagen hatte. Er sollte dem Sterbenden die letzte Ölung erteilen. Unglücklicherweise verlor der Klosterbruder unterwegs die geweihte Hostie. Somit starb der arme Bauer, ohne die heiligen Sakramente empfangen zu haben.

Der Pfaffe wurde für dieses nicht wieder gut zu machende Missgeschick von höchster Stelle hart bestraft. Um sein ruheloses Leben im Jenseits ein wenig kurzweilig zu gestalten, treibt auch er allerlei Schabernack. Am liebsten setzt er sich vorbeiziehenden Wanderern Huckepack auf den Rücken, bis diese unter seiner Last zusammenbrechen.

Ein ungewöhnlicher Klostergarten

Mittlerweile habe ich das kühlende Blätterdach des Waldes verlassen. In der prallen Sonne lege ich den kurzen Abschnitt bis zu den Gärten des ehemaligen Klosterkomplexes zurück.
Wider Erwarten finde ich keinen für ein Kloster typischen Kräuter- oder Gemüsegarten vor. In der Regel waren die Konvente Selbstversorger und pflanzten deshalb Wurzelgemüse, Kartoffeln, Gewürz- und Heilpflanzen an, um damit ihre Grundbedarf zu decken. Zur Zeit der Klostergründung von Allerheiligen war dem auch so. Als jedoch Mitte des 18. Jahrhunderts das Priorat Allerheiligen zur Abtei erhoben wurde, entschied sich die Führungsspitze für eine Umgestaltung der Kloster- und Außenanlagen im barockem Stil. Man war der Meinung, dass eine Abtei eine entsprechende Außendarstellung benötigte. Also wurde zu Repräsentationszwecken, und vermutlich auch zum eigenen Vergnügen, ein Ziergarten angelegt.

Da stellen sich mir gleich mehrere Fragen.
Wie lassen sich die Gebote der Armut und Enthaltsamkeit mit einem nur der Eitelkeit und dem Amüsement dienenden Ziergarten vereinbaren?
Waren die Klosterbrüder Pauli und Moostölpel vielleicht gar keine unrühmlichen Ausnahmen?
Stinkt der Fisch nicht immer zuerst am Kopf?

Der Lustgarten erstreckt sich über drei Terrassen mit Wasserbecken und kleinen, kaskadenartigen Wasserläufen. Leider hat die Anlage schon bessere Zeiten gesehen. Nur die mit Grünpflanzen bestückten Terrakottakübel geben dem kahlen Ambiente einen Hauch von Gartenfeeling. Blühende Sträucher oder Blumen sucht man vergebens. Auch die Wasserbecken hätten ein wenig mehr Pflege verdient.

Uta von Schauenburg – von der verstoßenen Herzogin zur Klostermäzenin

Meine nächste Anlaufstation im Schatten ist das renovierte Ökonomiegebäude des Klosters. Es beherbergt eine kleine, aber geballt informative Ausstellung über die Entstehung und den Werdegang von Allerheiligen. Hier lese ich zum ersten Mal von Uta von Schauenburg, der Gründerin, sowie vom Orden der Prämonstratenser, den Hausherren des Klosters.

Es sind nur wenige Eckdaten der reichen Pfalzgrafentochter bekannt.
Uta wurde zwischen 1115 und 1120 geboren und gehörte dem Geschlecht der Staufer an. Mit sechs Jahren wurde sie bereits dem Welfenherzog Welf VI. versprochen. Selbstverständlich eine politische Heirat, die die Dauerrivalität zwischen den verfeindeten Fürstentümern der Welfen und Staufer befrieden sollte. 1131 finden die offiziellen Hochzeitsfeierlichkeiten statt. Eine harmonische Beziehung zwischen den beiden adligen Geschlechtern sollte sich trotzdem nicht einstellen. Auch das Verhältnis zwischen den beiden Eheleuten wird nicht optimal gewesen sein. Als nämlich 1167 der einzige Sohn stirbt, trennt sich Welf VI. von seiner Frau.

Uta bekommt die Schauenburg bei Oberkirch als Wohnsitz zugewiesen. Er selbst kehrt in seine Heimat nach Oberschwaben zurück. Erst kurz vor seinem Ableben im Jahr 1191 ruft er Uta wieder zu sich und söhnt sich mit ihr aus. Im selben Jahr gründet Uta das Kloster Allerheiligen zugunsten des Prämonstratenser-Ordens. Seine Fertigstellung erlebt sie nicht mehr.  

Die Prämonstratenser

Zum Zeitpunkt der Klosterstiftung, waren die Prämonstratenser noch eine sehr junge Ordensgemeinschaft. 1120 von Norbert von Xanten gegründet, verschrieben sie sich einem streng asketischen Leben nach dem Vorbild der Apostel. Armut, Enthaltsamkeit und Gehorsam waren verpflichtend, daneben standen und stehe heute noch seelsorgerische Aufgaben im Vordergrund.

Warum Uta von Schauenburg für ihre Schenkung die Prämonstratenser allen anderen Klostergemeinschaften vorzog, bleibt Spekulation. Man vermutet einen Zusammenhang mit dem von ihrem Mann gestifteten Kloster Steingaden in Bayern. Dieses stand ebenfalls unter der Leitung der Prämonstratenser und diente als Grablege für Welf VI. und den gemeinsamen Sohn. Möglicherweise fühlten sich die Prämonstratenser dadurch moralisch verpflichtet, dem Wunsch der Witwe nachzukommen.

Mit Sicherheit kann ausgeschlossen werden, dass die Initiative zur Klostergründung von der Ordensgemeinschaft selbst ausging. Das abgelegene und wenig bevölkerte Schwarzwaldtal stellte wahrlich kein fruchtbares Pflaster für die seelsorgerischen Ambitionen der Prämonstratenser dar.

Ein Esel als Glücksfee

Nicht nur die Wahl der Priestergemeinschaft, sondern auch diejenige des Klosterstandorts waren ungewöhnlich. Auskunft hierüber gibt eine schon reichlich verschlissene Hinweistafel neben dem Klosterkiosk.

Uta von Schauenburg war sich unschlüssig, an welcher Stelle das Kloster errichtet werden sollte. Also überließ sie die Entscheidung der höheren Fügung in Gestalt eines Esels. Dieser wurde mit einem Geldsack beladen und auf den Weg geschickt. An der Stelle, an der das Maultier anhalten würde, um sich seiner Last zu entledigen, sollte der Grundstein für das Kloster gelegt werden. Das Langohr zog los, hatte aber bald genug vom mühsamen Anstieg durch den Wald. Es warf den Geldsack ab, der exakt bis zu der Stelle rollte, an der die heutigen Klosterruinen stehen.

Klosterruinen Abtei Allerheiligen im Schwarzwald

Ich muss schmunzeln.
Nicht wegen der Glaubwürdigkeit der Legende, sondern wegen Duplizität der Ereignisse. Nur knappe einhundert Kilometer von Allerheiligen entfernt, schreibt man die Standortwahl des Klosters Maulbronn ebenfalls dem Grautier zu.
Der Mythos des Esels als Glücksfee macht auch vor Landesgrenzen keinen Halt. Vielleicht ist es eine der ersten europäischen Grundideen. Vor allem in Spanien ist mir diese Geschichte an den verschiedensten Orten und in den unterschiedlichsten Ausführungen über den Weg gelaufen.

Lehrreiche Vesperpause

Bildung macht hungrig, deshalb gönne ich mir eine Vesperpause im Gasthaus Allerheiligen. Schon den ganzen Weg über habe ich mich auf eine zünftige Brotmahlzeit gefreut. Ein kurzer Blick auf die Karte genügt, und ich habe mich entschieden: eine Portion Wurstsalat mit Käse (alias Straßburger Wurstsalat) mit selbst gebackenem Holzofenbrot.

Während ich auf meine Stärkung warte, erweitere ich geschwind mein Allgemeinwissen um den Unterschied zwischen einem Priorat und einer Abtei. Im Prinzip handelt es sich um eine Art Eltern-Kind-Beziehung. Das Priorat untersteht immer einer Abtei und ist von dieser finanziell als auch rechtlich abhängig. So, jetzt wäre das auch geklärt.

Kaum habe ich drei große Züge aus meinem Johannisbeerschorle genommen, steht mein Vesper schon auf dem Tisch! Ein Kompliment an die Küche! Selten habe ich „auswärts“ einen so guten Wurstsalat mit perfektem Dressing serviert bekommen.

Ein Blick zurück in die Klostergeschichte

Von meinem Speiseplatz aus lugt die Klosterruine bereits verlockend zwischen den Sonnenschirmen hindurch.
Anhand der hoch aufschießenden Fassade des Chorraumes lässt sich erahnen, welch beeindruckende Dimensionen die Klosterkirche gehabt haben muss. Dazu unterstreicht der Umfang der verbliebenen Sockelstümpfe des Langhauses die einstige Größenordnung der Abteikirche. Neben den gotischen Arkadenbögen auf der Südseite des Mittelschiffes und Teilen der beiden Querschiffe, ist vor allem noch das Westportal mit den klobigen Rundbögen erhalten.

Der Bau der Klosterkirche und des Konvents zog sich über ein Jahrhundert hin. Die Grundsteinlegung erfolgte um 1200 mit dem Westportal im spätromanischen Stil, bevor Chor, Querhaus und der Ostflügel des Klosters hinzukamen. Da die Klostergründerin, Uta von Schauenburg bereits verstorben war, tröpfelten die Einnahmen aus anderen Schenkungen und Ablassbriefen nur spärlich. Erst zu Beginn des 14. Jahrhunderts war das dreischiffige Kirchenhaus mit inzwischen gotischen Zügen fertig gestellt. Sehr lange sollte sich die Klostergemeinschaft nicht an ihrem Werk erfreuen können. Bereits im Jahre 1470 beschädigte ein Brand sowohl Gotteshaus als auch die angebauten klösterlichen Funktionsgebäude. Das verheerende Szenario wiederholte sich 1555 erneut. Über 25 Jahre zog sich die Restaurierung hin, aber danach ging es mit dem abgeschieden gelegenen Priorat unaufhaltsam aufwärts.

Turbulente Zeiten in Allerheiligen

1657 wurde das Priorat zur Abtei erhoben. Damit waren plötzlich die finanziellen Mittel vorhanden, um dem Klosterkomplex einen zeitgemäßen, nämlich barocken, Touch zu verleihen. Die Abtei entwickelte sich zur wahren Goldgrube. Die Einnahmen sprudelten aus der Forst- und Landwirtschaft, aus Pachtverträgen für Weinberge und Getreidemühlen, sowie den Aufnahmegebühren und Logiskosten für ein privates Elite-Gymnasium mit Internat.
Als wäre das noch nicht genug, hatte sich die Abtei zwei bedeutende Reliquien zugelegt. Diese zogen in Scharen Wallfahrer aus allen Himmelsrichtungen an. Selbstverständlich kamen die Wallfahrer nicht ohne Spendensäckel, denn eine finanzielle Untermauerung der Gebete konnte ja Niemandem schaden. Aber es kommt noch besser. Man höre und staune: das Kloster verfügte über Zinseinnahmen aus verliehenem Geld.
Sagte ich schon, der Fisch stinkt am Kopf?

Und so kam es, wie es kommen musste bzw. wie das Amen in der Kirche. Das Übermaß an monetärem und weltlichem Besitz war Jedermann ein Dorn im Auge. Und ganz besonders der Obrigkeit. Kurzerhand wurde im Zuge der Säkularisierung die Abtei zu Beginn des 19. Jahrhunderts geschlossen und die Besitztümer konfisziert.

Es gab kurzzeitige Überlegungen, aus dem leerstehenden Klausurgebäude eine Besserungsanstalt für Mönche zu machen. Und schon wieder muss ich an Bruder Pauli und Kompagnon denken. Doch zur Ausführung des Plans kam es nicht mehr. Ein Blitzschlag machte dem Projekt ein Strich durch die Rechnung. Als nächstes versuchte sich ein Wollfabrikant am Wiederaufbau, scheiterte jedoch mit seinem Vorhaben kläglich. Schlussendlich wurden die verbliebenen Kirchenmauern und Teile des Klostergebäudes zur Nutzung als Steinbruch für andere klerikale Gebäude freigegeben. Erst 1840 wurde dem weiteren Raubbau der Abteiruinen Einhalt geboten. Glücklicherweise! Ansonsten kämen wir heute wahrscheinlich nicht in den Genuss des Anblicks dieser mystisch-romantischen Klosterruine.


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