Culemborg – Historischer Stadtrundgang – Teil I
Wer im Rivierenland auf der Suche nach einem abwechslungsreichen Ausflugsziel ist, wird im Städtchen Culemborg fündig. Hier treffen Geschichte auf Geschichten und bezaubernde An- auf überraschende Einblicke.
Die Geburtsstunde der Siedlung am Südufer des Flusses Lek liegt im Verlauf des 12. Jahrhunderts. Umgeben von einer fruchtbaren Flusslandschaft mit Maas, Waal und dem für Verwirrung stiftenden Meer, bei dem es sich allerdings nur um einen mittelprächtigen Wasserlauf handelte, entwickelte sich das Dorf rasch zum geschäftigen Handelszentrum. 1281 befand man den befestigten Marktflecken (= Burgh) an einer durch einen Deichdurchbruch und dem nachströmenden Wasser geschaffenen Kuhle (= Cule) bereits bedeutsam genug für eine erste urkundliche Erwähnung als Culenburgh.
Den nächsten Quantensprung in Sachen Ansehen erlebten die Kulenborcher im Jahr 1318. Grundherr John van Beusichem erteilte ihnen die Stadtrechte, die sie von Steuern und Zöllen befreite und ihnen das Privileg auf einen jährlichen Markt sowie eine eigene Gerichtsbarkeit zusprach. Im Gegenzug verpflichteten sich die Neustädter ihrem Herrn bei jeglicher kriegerischen Auseinandersetzung loyal und kampfesmutig zur Seite zu stehen.
Neben den Einwohnern schätzten vor allem auswärtige Schuldner als auch Unruhestifter, Missetäter und Fahnen- bzw. Grundherr-Flüchtige den besonderen Status der Freistadt. Die einen machten vom Asylrecht Gebrauch, um sich der Strafverfolgung, die anderen dem Zugriff ihrer Gläubiger zu entziehen. Hinter vorgehaltener Hand entwickelte sich „nach Kuilenburgh gehen“ alsbald zum geflügelten Wort für Pleite und Insolvenz.
Mit wachsendem Wohlstand galt es, die Stadt und ihre Bürger angemessen vor räuberischen Übergriffen zu schützen. Also begann man Ende des 14. Jahrhunderts Wassergräben auszuheben, Wälle aufzuschütten, Mauern hochzuziehen. Nach und nach entstand ein wehrhafter Verteidigungskomplex mit sieben Stadttoren, der nicht nur das Zentrum um den Marktplatz, sondern auch das sich entwickelnde Viertel der Schiffer im Norden, das Havenkwartier, als auch die landwirtschaftlich geprägte Neustadt (Niuewstad) im Süden umschloss.
Von der Grafschaft zum Klotz am Bein
Das Jahr 1520 bescherte der „Dreistadt“ den nächsten Meilenstein. Von der Ergebenheit ihrer Herrin Elisabeth von Culemborg zum habsburgischen Hof profitierend, wurde die Handelsstadt von Kaiser Karl V. zur Grafschaft erhoben.
Allerdings schützte der prestigeträchtige Adelstitel nicht vor einem wirtschaftlichen Abwärtsstrudel. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war Culemborg so hoch verschuldet, dass die Grafschaft notgedrungen für eine Million Gulden an das benachbarte Herzogtum Geldern veräußert werden musste. Das erhebliche Investment zahlte sich jedoch für den neuen Besitzer ebenso wenig aus. Kurze Zeit später trennte sich das Herzogtum bereitwillig von dem Klotz am Bein und machte ihn dem Statthalter der Republik der Vereinigten Provinzen, Wilhelm IV. von Oranien, zum Geschenk.
Noch im selben Jahrhundert gerieten die Niederlande zwischen die Fronten und in den Sog des durch die Französische Revolution ausgelösten Koalitionskriegs. Auch die Culemborger Grafschaft hatte unter den Folgen der dreijährigen Besatzungszeit schwer zu leiden. 1806 verlor sie endgültig ihren Sonderstatus als Freistadt und wurde von Napoleon I. in das neu gegründete Königreich Holland eingegliedert. Dadurch trägt König Wilhelm-Alexander der Niederlande noch heute den Adelstitel des Grafen von Culemborg.
Was Säbelbeine mit Culemborg zu tun haben
Im 19. Jahrhundert erreichte Culemborg wieder ruhiges Fahrwasser. Die Wirtschaft erholte sich, ein Betrieb nach dem nächsten schoss aus dem Boden. Die Gewehrfabrik konkurrierte mit der Tabakindustrie um Arbeitskräfte, die Genever-Brennerei mit der Glas- und Möbelmanufaktur. Der Culemborger Stuhl, ein Esszimmer-Sitzmöbel aus Binsengeflecht und Säbelbeinen, stand bald in jedem niederländischen Haushalt.
Ins internationale Rampenlicht schaffte es Culemborg mit der 1868 eingeweihten Eisenbahnbrücke über den Lek. Für die weltweit einzigartige architektonische Meisterleistung mit 154 Metern Spannweite wurden in 429.512 Arbeitsstunden 5.115.491 Kilogramm Metall verbaut. Mittlerweile ersetzt eine Bogenbrücke das stählerne Fachwerk und die zahlreichen Industriebetriebe haben sich anderweitige Standorte gesucht. Hektisches Treiben oder Lärmverschmutzung sind in dem 30.000 Einwohner zählenden Städtchen ein Fremdwort. Alles geht hier seinen beschaulichen Gang in einer Kulisse vergangener Zeiten.
Rundgang Teil I
Was gibt es zu sehen?
Ein Bastardhaus, mikroskopische Überreste eines mächtigen Adelssitzes, innovative Architekturlösungen, Gebäude voller Geschichten sowie eine hoffnungsvolle Windmühle
Wegstrecke:
etwa 1,6 Kilometer
Dauer:
50 Minuten in gemütlichem Tempo incl. ausführlicher Fotostopps
- Vishal
- Burg
- Drostehuis
- Grote St. Barbara Kerk
- Het Kapel
- Synagoge
- Sint Janskerkhof
- Oude Smederij
- Oud Katholieke Kerk
- Molen de Hoop
- Huys Mitter Hofstad
- Caffaigne
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Vishal – Havendijk 5 / Ecke Visstraat 2
„Fisch, Fisch, frischer Fisch. Fisch, Fisch, frischer Fisch“, hallte es durch die engen Gassen. Begleitet von den monotonen Schlägen eines Holzstocks auf einer ausgedienten Bratpfanne verkündete die lautstarke Stimme des Stadtausrufers die Ankunft der fangfrischen Ware. In den 1940er ein letztes Mal. Dann verabschiedete sich Manus van Empel, der letzte Stadtschreier Culemborgs, und mit ihm der traditionelle Fischmarkt in Ruhestand.
Dass in der Prä-Ära digitaler Nachrichtendienste dem Stadtausrufer eine essenzielle Aufgabe im öffentlichen Leben der Gemeinde zukam, belegt eine aus 1748 erhaltene Verordnung des Stadtrats. Jeden Freitagmorgen mussten alle Einwohner sowohl über die zur Versteigerung stehenden Fischarten als auch die genaue Uhrzeit informiert werden. Und mit alle waren auch alle gemeint. Keine Straße im Zentrum durfte ausgelassen, keine Abkürzung genommen werden. Man kann nur hoffen, dass es für diesen Job ein Bonusmeilen-Programm oder Rabattmarken beim lokalen Schuster gab. Und war der Stadtschreier schon einmal dabei, seine Runde zu drehen, verband er die Pflichtverkündigungen mit einem privaten Newstickerdienst. Vermisste Hunde, verlegte Brillen, verlorene Schlüssel oder ein abzugebender Katzenwurf, das wandelnde Schwarze Brett hielt die Culemborger Lost-and-Found-Börse am Laufen.
Die bronzene Miniaturstatue, die an Manus van Empel und seinen ausgestorbenen Berufsstand erinnert, hat auf dem kleinen Platz am Havendijk einen symbolträchtigen Standort gefunden. Über 150 Jahre lang, um genau zu sein von 1788 bis 1940, fanden in dem klassizistischen Gebäude mit dem auffälligen Portikus die wöchentlichen Fischversteigerungen statt. Vor den heute geschlossenen Läden herrschte damals ein dichtes Gedränge. Flunder, Scholle, Heilbutt, Schellfisch, Aale, Barsche oder Lachs, mehr oder weniger alles, was die Flüsse und Seen der Betuwe sowie das Meer hergaben, wartete auf den Fischbänken auf die Käufer.
Burg – Lange Meent 11
Während die Culemborger noch mit den Plänen zum Bau der Stadtbefestigung beschäftigt waren, schlief ihr Herr bereits seit knapp hundert Jahren hinter fünf Metern dicken Wehrmauern einen gesunden Schlaf. Johann von Culemborg hatte zu Beginn des 14. Jahrhunderts den Grundstein für einen Bergfried gelegt, dem über die Jahrzehnte weitere Rundtürme, Gebäude, Wassergräben und Ringmauern folgten, bis eine prächtige, dreiteilige Burganlage mit fünfeckigem Grundriss entstanden war. Der Vorhof mit den Stallungen bot Platz für etwa 30 Pferde. Ihm schloss sich der sogenannte Niederhof an, in dem eine Schmiede, der Ratssaal sowie ein Bauernhof untergebracht waren. Nur über eine Zugbrücke gelangte man in das feudale Herzstück der Wasserburg, den Oberhof, wo die herrschaftliche Familie logierte.
Dank der pazifistischen Grundhaltung der Herren von Culemborg überstand die Burg gute drei Jahrhunderte ohne größere kriegerische Auseinandersetzungen oder Fremdherrschaften. Lediglich der gefürchtete Herzog von Alba, Statthalter Karl V. in den Spanischen Niederlanden, machte sich die Festungsanlage kurzzeitig zu eigen. Auch die im 30-jährigen Krieg erlittenen Beschädigungen steckte die Burg tapfer weg. Doch dann kamen die Franzosen und mit ihnen das verheerende Katastrophenjahr 1672. Drei Jahre lang hausten die Revolutionstruppen in den mittelalterlichen Gemäuern, danach bot der einst so stolze Herrschaftssitz ein Bild der Verwüstung. Dem Grafen von Culemborg blieb nichts anderes übrig, als sich eine andere Bleibe im Stadtzentrum zu suchen. Bis auf ein Stück Mauerwerk, das heute noch seinen Mann steht, ließ er Stein für Stein abtragen, um wenigstens noch einen Gewinn aus deren Verkauf zu erzielen.
Der hochbrisante Scherzbecher des Grafen
Mittlerweile steht das Gelände des ehemaligen Schlossgartens unter Denkmalschutz. Im Sommerhalbjahr hat auch die Öffentlichkeit zutritt und kann in der als Museum eingerichteten „Groene Schuur“ (grüne Scheune) ungewöhnliche Objekte zur Geschichte der Burg bestaunen.
Das Highlight der Sammlung ist zweifelsfrei der um 1560 in Siegburg gefertigte Scherzbecher. Bei Ausgrabungen unterhalb der gräflichen Privatgemächer fanden Archäologen die ungewöhnliche Keramik. Das zweiteilige Trinkgefäß in Form eines Mönchs mit Kardinalshut stammte aus dem Besitz Floris I., unter den Einwohnern auch bekannt als der durchgeknallte Graf. Der überzeugte Calvinist ließ keine Gelegenheit aus, katholische Geistliche und ihre Praktiken zu verhöhnen. Da war der 20 Zentimeter große Mönchsbecher genau nach seinem Geschmack. Subtil und derb zugleich.
Tumb schaut er aus, der bigotte Kleriker, dabei hat er es faustdick hinter den Ohren bzw. unter einer dicken Lasur auf seinem Kragen. Eine Inschrift, die seine falsche Frömmigkeit entlarvt: „Ist es nicht schön, dass wir wie der Teufel furzen können und trotzdem als Heilige gelten.“ Und der Heilige hatte noch einen Gag auf Lager. Nahm Floris I. den Verschluss des Gefäßes und damit den klerikalen Kopf ab, hielt er ein Narrenzepter in der Hand.
Wäre der frevlerische Becher dem inquisitorischen Blutrat des Herzogs von Alba in die Hände gefallen, hätte es mit dem Grafen kein gutes Ende genommen. Sein Name stand ganz oben auf der schwarzen Liste; seine flandrischen Besitztümer hatten die Spanier bereits beschlagnahmt. Schnellstens musste sich Floris I. des belastenden Beweisstücks seiner antikatholischen Gesinnung entledigen. Also ab damit in den Burggraben und anschließend nichts wie aufs Pferd und in gestrecktem Galopp über die Grenze ins sichere Deutschland.
Het Drostehuis – Slotstraat 10
Vom Bastardhaus zur Senffabrik, so lässt sich mit wenigen Worten die Karriere des sorgfältig restaurierten Backsteingebäudes mit den auffälligen Treppengiebeln umschreiben. 1462 erstmals erwähnt, zählt es zu den ältesten Steinhäusern der Stadt. Damit ist auch schon verraten, in wessen Besitz sich das Haus befand, denn nur die Herrschaften von Culemborg konnten sich eine derartige Luxusimmobilie leisten. Ursprünglich schloss das u-förmig angelegte Haus mit zwei parallel zur Slotstraat ausgerichteten Flügeln die Hausnummer 12 mit ein, bevor es im 18. Jahrhundert aus dem gräflichen Bestand veräußert und in zwei Wohneinheiten geteilt wurde.
Der womöglich erste Bewohner hieß Zweder de Bastaert von Culemborg. Obwohl unehelich gezeugt, wurde er von seinem Vater mit Amt, Haus und Land ausgestattet. Er erhielt die Funktion des Drosts übertragen, womit er als verlängerter Arm des Grafen sowohl exekutive als auch judikative Aufgaben wahrnahm. Offensichtlich war Zweder mit gesundem Selbstbewusstsein gesegnet, dass er sich und seine Gemahlin als Wandgemälde im Obergeschoss verewigen ließ. Das spätmittelalterliche Fresko, das erstaunlich gut erhalten blieb, zeigt das Stifterpaar gottesfürchtig, vor der Kreuzigungsszene auf Knien betend.
Nach dem Ableben Zweders erhielt das Bastaerthuis einen neuen Namen. Da auch die Nachfolger im Amt des gräflichen Schultheiß das Anwesen als Residenz nutzten, hieß es fortan im Volksmund Drostehuis. Selbst als Ende des vorletzten Jahrhunderts die Senffabrik „Spoor’s Mosterd“ mit Büros, einer hauseigenen Druckerei und dem Fabrikationsbetrieb in den Gebäudekomplex einzog, blieb der Name bestehen.
Grote St. Barbarakerk – Grote Kerkstraat 4
Der Spaziergang vom Drostehuis durch die Ridderstraat bis zur ältesten und wichtigsten Kirche Culemborgs bietet die Gelegenheit, uns ein wenig mit dem Leben der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Stadt, vertraut zu machen.
Kein einfaches Unterfangen, angesichts der zahl- und variantenreichen Legenden, die im Umlauf sind. Konzentrieren wir uns also auf das Wesentliche und reisen zurück ins 3. Jahrhundert nach Christus. Barbara war eine tugendhafte, kluge und in ein wohlhabendes Elternhaus hineingeborene Schönheit. Selbstverständlich standen die Verehrer Schlange, doch die Jungfrau zeigte kein Interesse. Sie hatte andere Pläne und ein heidnischer Ehemann gehörte bestimmt nicht dazu. Doch das behielt sie zunächst einmal für sich. Ihr Vater, ein angesehener Kaufmann, fürchtete während seiner häufigen Geschäftsreisen um die Jungfräulichkeit seiner Tochter. Vorsichtshalber sperrte er sie deshalb in einen Turm ein. Wohlgemerkt in einen Turm mit nur zwei Fenstern! Seine Tochter in Sicherheit wägend, verließ er Nikodemia guten Mutes, um seinen Reichtum weiter zu mehren.
Barbara hingegen nutzte die Gunst der Stunde und ließ sich taufen. Als sichtbares Zeichen ihres christlichen Glaubens und der Dreifaltigkeit bekam ihr Gefängnis ein weiteres Fenster. Welche Schande und Enttäuschung für Ihren Vater!
Er tobte, drohte, züchtigte sie, aber Barbara blieb standhaft. Außer sich vor Wut, übergab er sie dem Statthalter, damit dieser sie mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zur Räson brachte. Die Folterknechte schlugen sie mit Keulen, fügten ihr schwerste Verbrennungen zu und schnitten ihr sogar die Brüste ab. Aber Barbara klagte nicht, noch konvertierte sie. Ihre Wunden heilten über Nacht und die barbarischen (!) Qualen empfand sie wie Liebkosungen einer Pfauenfeder. Schlussendlich wurde sie zum Tode verurteilt. Da sich jedoch kein Henker finden ließ, um das Urteil an der tapferen jungen Frau zu vollstrecken, griff ihr Vater selbst zum Schwert, enthauptete sie und wurde anschließend vom Blitz erschlagen.
Stürmische Zeiten für die gräfliche Grablege
Mit Hubrecht III. fand die Märtyrerin 1421 den Weg nach Culemborg. Der Feudalherr gründete ihr zu Ehren das Kapitel der Grote Kerk und verlieh damit der bereits um 1300 gebauten Gemeindekirche mehr Bedeutung. Nachdem sie ein Jahr später durch ein in der ganzen Stadt wütendes Feuer schwer beschädigt wurde, entschieden sich die Herrschaften von Culemborg für einen raschen Wiederaufbau in größerem Stil. An finanziellen Mitteln mangelte es nicht, denn eine adlige Grablege musste schließlich etwas hermachen. Weitere einschneidende bauliche Veränderungen leitete die größte Wohltäterin der Stadt, Elisabeth von Culemborg, in die Wege. Das katholische Gotteshaus wurde 1515 zur Kreuzbasilika erweitert und mit kostspieligen Buntglasfenstern ausgestattet.
Leider fiel Elisabeths Neffe und Erbe der Herrlichkeit von Culemborg in jeglicher Hinsicht sehr weit vom gräflichen Stamm. Nicht nur, dass Floris I. von Pallandt vom katholischen Glauben zum Calvinismus konvertierte, er initiierte in der Großen Barbara-Kirche zudem einen Bildersturm schlimmsten Ausmaßes. Taufbecken, Altarbilder, Messbücher, Reliquien und selbst die wertvollen Buntglasfenster fielen seiner grenzenlosen Zerstörungswut zum Opfer. Man erzählt sich sogar, dass er keine Skrupel hegte, das letzte Abendmahl als wein- und bierseliges, blasphemisches Fest zu zelebrieren, wobei er die gesegnete Hostie in Messwein tunkte und an seinen Papagei verfütterte.
Seit 1578 befindet sich die Heilige Barbara Kirche endgültig in protestantischen Händen. Ihren Namen durfte sie zwar behalten, aber die Schutzheilige hatte offensichtlich als Folge des Eigentümerwechsels ihre Superkräfte eingebüßt. Wie ließe sich sonst erklären, dass keine einhundert Jahre später in die Turmspitze der Blitz einschlug, Feuer fing, durch das Kirchendach stürzte und das Gotteshaus ausbrannte? Also musste sich die Gemeinde erneut an den Wiederaufbau machen. Dieses Mal ohne krönenden Turmabschluss.
Happy End für ein Marmorgrabmal mit trauriger Geschichte
In den Sommermonaten öffnet die imposante Kirche samstags ihre Pforten für interessierte Besucher. Neben den beiden Orgeln aus dem 17. bzw. 18. Jahrhundert, tierischen Kragsteinen, zahlreichen Epitaphen, Votivsteinen und auffälligen Kerzenkronleuchtern, zieht ein sorgfältig gearbeitetes Marmorgrabmal die Blicke auf sich. Es gehört Alida Catharina van der Dussen.
Ihre Ankunft in Culemborg im Jahr 1733 erregte einiges Aufsehen. Nicht weil sie die Ehefrau des Bürgermeisters von Dordrecht war, sondern weil sie völlig aufgelöst, ja geradezu panisch um Asyl bat. In aller Eile hatte sie Schmuck, Bargeld und Wertpapiere zusammengerafft und vor ihrem chronisch gewalttätigen Gatten Reißaus genommen. Schon einmal hatte sie einen Fluchtversuch gewagt, der scheiterte. Und der Preis für diesen Fehlschlag war hoch. Der Ehemann, bekannt für seine Trunksucht und Neigung zur Brutalität, klagte vor Gericht seinen Anspruch auf Ausübung der ehelichen Macht ein. Er bekam tatsächlich Recht gesprochen und besaß damit einen Freifahrtschein für Misshandlungen, ohne um Konsequenzen fürchten zu müssen.
Als Alida 1745 starb, hinterließ sie in ihrem Testament sowohl den Wunsch als auch 4000 Gulden für ein marmornes Grabdenkmal umgeben von einem schmucken Messinggitter im Chorraum der Grote Sint Barbarakerk. Mit dem Messing nahmen es die Erblasser nicht so genau. Stattdessen entschieden sie sich für die günstigere Eisenvariante und füllten mit der Ersparnis ihre eigenen Taschen. Entdeckt wurde der Schwindel erst bei der letzten Restaurierung, sodass die Verstorbene nach 200 Jahren endlich ihren letzten Willen erfüllt bekam.
Het Kapel – Ridderstraat 212-238
Bereit für ein architektonisches Kontrastprogramm? Dann sind wir am Ende der Ridderstraat mit dem dreigeteilten, neoklassizistischen Rundbogentor aus den 1860er Jahren genau richtig. Auf dem in Stein gemeißelten Aufsatz verewigte sich der erste Erzbischof von Utrecht als Auftraggeber mit seinem Wappen. Doch hoppla, wieso zähle ich 30 Quasten, die nur Kardinälen vorbehalten sind? Träumte hier etwa ein Geistlicher voreilig von einer Karriere, die sich als Luftschloss erwies?
Durch das breite, für Kutschen bestimmte Tor gelangt man heute zu Fuß in das ursprünglich durch den Stadtgraben und Mauern von den Versuchungen des weltlichen Lebens gut abgeschottete Areal des ehemaligen Priesterseminars. Im 19. Jahrhundert wurde in den Niederlanden die Religionsfreiheit wiederhergestellt. Kirchenneubauten und katholische Lehranstalten schossen wie Pilze aus dem Boden. Allein in Culemborg ließen sich zwischen 1818 und 1935 mehr als 6.000 Berufene zum Geistlichen ausbilden. Unterkunft und Unterrichtsräume bot das Priesterseminar, gebetet wurde in der über den Studiensälen errichteten Kapelle. Der Andrang an Bewerbern war so groß, dass alsbald der Chorraum des spätgotischen Bauwerks über das Torhaus hinaus verschoben werden musste.
Zwischen den Weltkriegen fand der Priesterhype ein Ende. Das Jesuitenseminar wurde aufgelöst, dafür zogen Augustinermönche ein. Sie hielten 40 Jahre durch, danach übernahmen weltliche Institutionen den Komplex. Während die freiwillige Feuerwehr ihre Übungen abhielt, büffelten nebenan Absolventen der Hochschule für Sozialarbeit, und im neu eingerichteten Kinosaal bewarben reißerische Plakate nicht jugendfreie Filme. Das multifunktionale Nutzungskonzept funktionierte mehr schlecht als recht. Zum Millenium herrschte endgültig Leerstand.
Kreative Lösungen
Was also tun mit diesem augenfälligen Gebäude? In dieser Hinsicht besitzen unsere niederländischen Nachbarn eine ausgeprägte kreative Ader. Die Stadtverwaltung, die in dem spacigen Gebäude daneben beheimatet ist, leitete den Umbau zu Luxusappartements in die Wege. Für das i-Tüpfelchen in den extravaganten Wohneinheiten sorgen übrigens die konservierten Buntglasfenster und Wandmalereien der ehemaligen Kapelle.
Auf historische Extravaganz trifft man im Hinterhof des Gemeindekantors. Der achteckige Backstein-Pavillon mit Spitznamen „die acht Seligpreisungen“ garantierte den angehenden Priestern ein besonderes Heilsversprechen. Ich werfe nur das Stichwort „ausgelagerte Toiletten“ in den Raum. Seit geraumer Zeit hat sich das Oktagon nun der Kunst verschrieben. Es beherbergt die kleinste und nur von außen zu besichtigende Kunstgalerie Gelderlands.
Synagoge – Sint Janskerkhof 1
„Menschen hassen, wenn sie nicht verstehen“, mahnt das Denkmal hinter der ehemaligen Synagoge am Ende der Jodenkerkstraat. Ein Statement, das für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft seine Gültigkeit hat.
1665 ließen sich die ersten jüdischen Familien in Culemborg nieder. Bis zur Anerkennung als vollwertige Bürger mussten sie jedoch ein ganzes Jahrhundert warten. Danach wuchs die jüdische Gemeinschaft stetig. Ihren Höhepunkt erreichte sie mit 230 Gemeindemitgliedern um 1868. Zu diesem Zeitpunkt entstand auch die neogotische Synagoge, die während und von der deutschen Besatzung als Pferdestall missbraucht und mittlerweile profaniert wurde.
Nur ein Dutzend Culemborger Juden überlebten den Holocaust. Die wenigsten kehrten aus den Konzentrationslagern zurück, sondern wurden von mutigen Mitbürgern versteckt. 1947 erklärte sich die jüdische Gemeinde offiziell für aufgelöst. Einzig 46 über die Innenstadt verteilte Stolpersteine gedenken der einstigen jüdischen Präsenz in Culemborg.
Sint Janskerkhof
Nur wenige Schritte entfernt, erwartet uns ein gewöhnlicher Parkplatz mit ungewöhnlicher Ausstattung. Zwölf, auf dem Mittelstreifen verteilte Grabsteine regen zum Rätselraten an. Eine Infotafel klärt auf. Wir stehen inmitten des ehemaligen Gemeindefriedhofs von Lanxmeer, dem südlichen Stadtteil von Culemborg. Er gehörte zur Parochie der Sint Janskerk, die seit 1385 das Stadtbild prägte.
Wie alle katholischen Gotteshäuser wurde sie nicht nur zur Zelebrierung der Messe, sondern auch für Bestattungen genutzt. Dabei entschied die Geldhierarchie über den Ort der Begräbnisstätte. Adlige und besonders Vermögende erkauften sich einen letzten Ruheplatz im Chorraum, um Gott besonders nahe zu sein. Durchschnittliche Reiche reservierten sich im Kirchen- oder den Seitenschiffen ein Grabmal für die Ewigkeit. Alle anderen mussten sich mit einem Platz unter freiem Himmel begnügen. Die Reformation setzte den Privilegien der gut Betuchten ein Ende. Gottesdienste wurden verboten und auch mit den Beerdigungen in der Kirche war Schluss.
Das gotische Bauwerk verfiel zusehends. Der Schandfleck musste weg. 1821 erwarb ein Privatunternehmer die Sint Janskerk bzw. das, was von ihr übrig war, mit der Auflage, sie binnen Fünfjahresfrist bis auf die Fundamente abzutragen. Er löste sein Versprechen ein und plötzlich weilten die gut situierten schutzlos neben den armen Toten. Damit sollte eigentlich 1829 Schluss ein. Die Stadt erließ ein Bestattungsverbot innerhalb des Stadtgebiets, doch mangels Alternativen blieb der Begräbnisplatz noch weitere 40 Jahre in Gebrauch, bevor man mit der Umbettung begann.
Das Archäologenteam staunte deshalb nicht schlecht, als es 2014 bei den obligatorischen Ausgrabungen im Vorfeld eines städtischen Bauvorhabens auf unzählige Skelette und Grabfragmente stieß. Die Gebeine der Namenlosen beließ man an Ort und Stelle, während eine Auswahl der zutage geförderten Grabplatten als steinerne Zeitzeugen an eines der ältesten und bedeutendsten Bauwerke Culemborgs erinnern soll.
Oude Smederij – Zandstraat 23
Der Abstecher in die Zandstraat zum „Huis den Eikel“ aus dem 17. Jahrhundert lohnt alleine wegen der Giebel- und Kragsteine. Bedrohliche Löwenköpfe und eine Teufelsfratze, dazu hübsche Miniaturköpfe sowie ein Fries aus Backsteinen verleihen dem windschiefen Haus besonderen Charme. Die rekordverdächtig großen, wunderschön zu Spiralen geformten Zieranker stellen jedoch die steinernen Kunstwerke deutlich in den Schatten. Kein Wunder, denn über 200 Jahre wurde in der „Oude Smederij“ der Blasebalg getreten, die Esse befeuert, eifrig gehämmert und geschmiedet. Da war es naheliegend, das handwerkliche Können prominent sichtbar an der Fassade zu präsentieren.
Während der deutschen Besatzung hieß die Devise in der „Alten Schmiede“ dagegen so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich zu ziehen. Permanent hing über dem Haus das Damoklesschwert von Entdeckung oder Verrat, denn die mutigen Bewohner hatten eine Scheinwand vor den Schornstein gemauert. In dem winzigen Geheimraum dahinter versteckten sie jüdische Kinder und Mitbürger vor der Deportation in den sicheren Tod.
Oud Katholieke Kerk – Varkensmarkt 18
Würde nicht der Schriftzug des Weltenherrschers Pantocratori über dem Türsturz prangen, wäre die Altkatholische Kirche am Schweinemarkt leicht zu übersehen. 1836 durften die Katholiken zum ersten Mal wieder aus dem Schatten ihrer Geheimkirchen heraustreten, doch für ein auffälliges antireformatorisches Statement in der vordersten Häuserzeile war die Zeit noch nicht reif. Das beinahe 300 Jahre gelebte Credo „bloß nicht auffallen“ spiegelte sich deshalb bei der Hallenkirche in einem schlichten Erscheinungsbild ohne Kirchturm wider.
Zum Trost erhielt das Gotteshaus zwei Schutzpatrone. Die Wahl fiel, wenig überraschend, auf die Heilige Barbara und völlig überraschend auf den Heiligen Antonius. Paritätische Überlegungen spielten hierbei keine Rolle, die Örtlichkeit gab den Ausschlag. Der Mönch begegnete eines Tages in seinem Eremitendasein einem verletzten Ferkel. Mit viel Hingabe pflegte er es gesund. Bald folgte es ihm auf Schritt und Tritt, sogar bis hinter das Tor der heiligen Heerscharen. Aus dieser Legende bildete sich unter den Antonitermönchen die Tradition des Gemeindeschweins heraus. Es durfte in der ganzen Stadt frei herumlaufen und wurde von jedermann gemästet. Und wehe, ihm wurde nur eine Borste gekrümmt. Das übernahmen die Geistlichen selbst. Am 17. Januar, dem Namenstag des Heiligen Antonius, wurde das Schwein geschlachtet und unter den Armen verteilt.
Immer dienstagvormittags während des Wochenmarkts und über die Sommermonate am Samstagnachmittag öffnet die Altkatholische Kirche ihre Pforten. Der farbenfrohe neogotische Innenraum lädt mitsamt seiner himmlischen Streitmacht von mindestens 41 gezählten Engeln zur Begegnung ein. Während zahlreiche Kunst- und Einrichtungsgegenstände aus der vormaligen Geheimkirche stammen, hat das wertvolle Elfenbeinkruzifix über dem Hochaltar eine Viertel-Weltreise hinter sich. Schenkt man einer zwischenzeitlich verschwundenen Inschrift Glauben, gehörte es zum 12 Millionen Gulden Schatz der spanischen Silberflotte, die der niederländische Seeheld Piet Hein 1628 vor der Küste Kubas kaperte.
Molen de Hoop – Het Jach
Ich bin ein absoluter Windmühlenfan. Das hat etwas mit Nostalgie zu tun, mit stillgestandener Zeit und hartem, ehrlichem Handwerk. Obwohl, mit der Ehrlichkeit war es so eine Sache. Besonders im Mittelalter standen die Müller mächtig in Verruf, ihre Mitbürger über den Tisch zu ziehen. In Culemborg führte dies sogar zum ersten Frauenaufstand der Geschichte.
Der Berufsstand profitierte von dem sogenannten Mühlenzwang, der die Einwohner verpflichtete, ihr Korn in den Mühlen des Grundherrn mahlen zu lassen. Für die Dienstleistung erhielt der Müller eine Schaufel Mehl aus jedem Sack. Der ein oder andere nahm es dabei nicht so genau mit der Anzahl der Schaufeln oder deren Größe und zwackte sich mehr Mühlenlohn ab als erlaubt. Die Beschwerden häuften sich, die Einführung eines Mühlenkarrens sollte Abhilfe schaffen. Fortan wurde das Korn vom Müller vor der Abholung und Verladung auf das Transportvehikel gewogen. Bei Auslieferung des Mehls fand eine erneute Gewichtskontrolle statt. Soweit so gut. Allerdings hatte die verpflichtende Benutzung des Getreidetaxis einen entscheidenden Pferdefuß. Sie kostete eine horrende Gebühr.
Diese erneute Ungerechtigkeit trieb die Culemborger Frauen 1650 auf die Barrikaden. Es kam zu Tumulten, eingeworfenen Fensterscheiben und Verhaftungen. Letztendlich schlug die städtische Miliz die feministische Revolte sehr schnell nieder.
Eine Mühle erlebt Höhen und Tiefen
Was mögen für den Eigentümer die Beweggründe gewesen sein, seine Mühle auf den Namen „Hoffnung“ zu taufen? War es Unsicherheit oder die gezielte Erwartungshaltung an eine Cashcow?
Als der Herr von Culemborg im 16. Jahrhundert die Mühle in Auftrag gab, hörte er das Korn rieseln und die Münzen klingen. Die Positionierung auf dem Stadtwall war günstig gewählt, der Wind konnte so besonders gut in die Segel fahren. Die gräfliche Vorstellung von „De Hoop“ hatte sich somit erfüllt. Allerdings bewies das wechselvolle Schicksal der Mühle, dass letztendlich viel Hoffnung vonnöten war, um ihre Geschichte zu einem Happy End zu führen.
Zunächst ist an Ort und Stelle eine Bockwindmühle dokumentiert. Um weniger von den schwankenden Stimmungen der Natur abhängig zu sein, wurde sie später von einer Pferdemühle abgelöst. 1836 hatte das Konzept von Getreide und Pferden ausgedient, stattdessen setzte man auf die Produktion von Kartoffelsirup. Eine katastrophal schlechte Ernte beendete die Träume vom Reichtum durch die Knolle nach nur neun Jahren. Schuld an der Misere, die sich zur Hungerkatastrophe ausweitete, hatte ein winziger, aus Amerika eingeschleppter Pilz.
1853 nahm eine Getreidemüllerin die Geschäfte in die Hand. Auf den Fundamenten der Pferdemühle errichtete sie eine steinerne Turmwindmühle. Ein Lichtschimmer am Horizont. Um die Produktivität zu steigern, bauten die nachfolgenden Besitzer zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen Gasmotor zum Antrieb der Mahlsteine ein. Mit dem Abschied von der Windkraft ging die Abnahme der Flügel einher. Ein Sakrileg. Als 1917 der Müller starb, fand sich kein Nachfolger. Der Mühlenrumpf von der traurigen Gestalt verfiel zusehends. Ab Mitte der 1980er kehrte endlich die Hoffnung zurück. Sturmschäden, Blitzeinschläge, Feuer, Flügelamputationen, verloren gegangene Hauben waren vergessen. Der fünfgeschossige Galerieholländer wurde umfassend restauriert und wieder in Betrieb genommen. Seit 1993 drehen sich die Flügel wieder regelmäßig und das frisch gemahlene Mehl kann im Mühlenladen nebenan erworben werden.
Huys Mitter Hofstad – Het Hof / Everwijnstraat
Ein letzter Blick auf die schmucke rote Wetterfahne mit der Windmühlen-Silhouette und weiter geht es über die Schuttersbrug nach Het Hof. Die westliche Ecke Culemborgs hat ebenfalls eine bewegte Historie hinter sich, wobei man nicht behaupten kann, dass sie mit Glanz und Gloria zu Ende ging. Vom Kloster und gräflichen Wohnsitz über den städtischen Bauernhof zum Parkplatz könnte man die absteigende Karriere in Stichworten zusammenfassen.
Zum Glück hat sich mit den Resten der Stadtmauer und der Ruine des Turms der Schützengilde ein Hauch mittelalterlichen Flairs erhalten. Dagegen sind vom ältesten Konvent Culemborgs alle Spuren getilgt. Aus der 1425 ausgestellten Gründungsurkunde geht hervor, dass das Kloster Mariëncroon der Schenkung einer vermögenden Edelfrau zu verdanken war. Sie stiftete ihren Wohnsitz Huys Mitter Hofstad, um ihn zu einem Komplex aus Schwesternhaus, Kirche, Bauernhof, Scheune und Brauerei auszugestalten, der von der Everwijnstraat bis an die Stadtmauer reichte. Die großzügige Stiftung sorgte für rasanten Zulauf. In kürzester Zeit war die Glaubensgemeinschaft der Franziskanerinnen auf 50 Nonnen angewachsen.
Klerikales Konkurrenzgebaren
Plötzlich erwuchs für das männliche Kapitel der Grote Barabara Kerk eine ernstzunehmende Konkurrenz um die Zuwendungen des reichen Bürgertums. Um ihre Vorrangstellung zu behaupten, brachen die Chorherren den Streit um das Glockengeläut vom Zaum. Die Nonnen zogen wenig überraschend den Kürzeren. Fortan durften sie weder die Liturgien laut singen, noch sonntags die Glocken läuten. Die Reformation bedeutete für beide Parteien das Aus. Für die einen früher, für die Nonnen später. 1634 verabschiedete sich die letzte Schwester vom irdischen Dasein.
Das Kloster samt Vermögen fiel dem Grafen von Culemborg zu. Nachdem die französischen Besatzer seine Burg in eine Wohnruine verwandelt hatten, ließ er sich Mariëncroon zum Herrschaftssitz Het Hof umbauen. Später wandten sich die Grafen einem anderen, weniger provinziellen Wirkungsort zu. Daraufhin entschloss sich die Stadt zum Abriss von Het Hof und den letzten Überresten der Klosteranlage. Es entstand ein städtischer Bauernhof mit angeschlossenem Herrenhaus. An die ursprünglichen Bewohnerinnen erinnert noch die Inschrift „Susterhuys“ (Schwesternhaus) auf dem Torbogen der ehemaligen Scheune.
Caffaigne – Everwijnstraat 3-9
Das langgestreckte Gebäude mit den vier Türen war ursprünglich Bestandteil des angrenzenden Klosters Mariëncroon. 1480 erwarb es ein geachteter Bürger, der mit seinen Ämtern durchaus hätte Handel treiben können. Ein Klingelschild an der Haustüre hätte nicht ausgereicht, um seine Titel aufzuzählen: Landrat, Ratsherr, Verwalter des Grafen und Vorsteher des St. Pieters-Gasthuis. Gut möglich, dass sich zu dieser Zeit der Name „Caffaigne“ durchsetzte. Dr. Google liefert für eine aufhellende Interpretation nur zwei vage Ergebnisse: „Caffagium = römische Bezeichnung für ein Empfangsbüro der Domäne zur Erhebung von Verbrauchssteuern oder Haupthaus eines Adelspalastes“.
Der nachfolgende Besitzer überschrieb den Besitz kurz vor seinem Ableben an die Armenstiftung „de Pooth“. Die gute Tat sollte ihm ein verkürztes Fegefeuer und bedürftigen Culemborgern kostenfreie Schlafplätze, Mahlzeiten, Kleidung und Torf zum Heizen garantieren. „Um Gottes willen“ erfüllte das Armenhaus von 1549 bis 1965 seine wohltätige Funktion. Einzig der Kreis der Nutznießer wurde zu einem späteren Zeitpunkt auf Angehörige des römisch-katholischen Glaubens eingeschränkt und das riesige Gebäude in vier kleinere Unterkünfte unterteilt. In den letzten Jahren erhielt das/die Caffaigne sowohl innen als auch außen eine Schönheitskur, die die Mini-Wohnungen wieder zu einem einigen Raum vereinte.
Fortsetzung folgt. Wir sehen uns auf dem Marktplatz wieder 😊.
Gut zu wissen
Adresse
Touristinformation – Toeristisch Informatie Punt (TIP)
Oude Vismarkt 4 (Eingang seitlich des Rathauses)
NL-4101 CA Culemborg
https://www.culemborgklopt.nl/over-culemborg/
Öffnungszeiten
Montag bis Freitag 09:00 bis 17:00 Uhr
Wochenende 12:00 bis 16:00 Uhr
Parken
Kostenlose Parkplätze
Jachthaven – Veerweg 4
Palumbus – Palumbusplaats
Tageskarte für 2,20 € (im Zentrum)
Jodenkerkstraat
Lange Meent
Sint Janskerkhof