Fort la Latte mit dem Atlantik im Hintergrund
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Fort La Latte – Die imposante Festung an der Smaragdküste


Die Natur übertrifft sich immer wieder selbst, ist meiner erster Gedanke, als ich hoch oben auf der Landzunge zum Eingang der Bucht von Fresnay im Département Côtes d’Amor stehe. Eine Landschaft wie aus dem prächtigsten Bilderbuch breitet sich vor mir aus. Eine schroffe Steilküste mit zerklüfteten Buchten. Dichte, immergrüne Vegetation. Dazu ein allen Farbnuancen zwischen tief kobaltblau bis paradiesisch smaragdgrün schillerndes Meer. Und um das Traumszenario perfekt zu machen, thront am äußersten Zipfel des sich mutig in den Atlantik hineinschiebenden Felsvorsprungs die wuchtige Festung La Latte.

Fort La Latte – eines der beliebtesten Ausflugsziele an der bretonischen Smaragdküste

Der eindrucksvolle Wehrbau zählt mit mittlerweile 100.000 Besuchern jährlich zu den populärsten Ausflugszielen an der Côte Vermeille. Kein Wunder, denn neben dem spektakulären Panorama bietet das Fort La Latte alles, was man von einer gestandenen Festungsanlage erwarten darf: 700 Jahre alte Mauern, Zugbrücken, Verliese, Wachtürme mit Schießscharten und Gusserkerkränzen, Basteien mit Kanonen sowie einen übermächtigen Bergfried mit 360 Grad Rundumsicht.

Und so war mit Sicherheit die ungewöhnliche Wahl des Ortes für diesen imposanten Adelssitz mit Wehrfunktion kein Zufall. Allerdings dürfte die Postkartenidylle dabei keine Rolle gespielt haben. Vielmehr gaben ausschließlich militärische Aspekte für Etienne Goyon III. den Ausschlag, zur Mitte des 14. Jahrhunderts den Grundstein für sein befestigtes Eigenheim in derart exponierter Lage zu legen. Da war zum Einen die geografische Nähe zu Saint-Malo, eine der bedeutendsten Handelsstädte des bretonischen Herzogtums, und zum anderen die uneingeschränkte Weitsicht in Richtung Feindesland jenseits des Ärmelkanals. Ganz zu schweigen von dem zyklischen Naturschauspiel Ebbe und Flut, das jeglichen gegnerischen Angriff von Meeresseite von vorneherein zum Scheitern verurteilte.

Also eine ideale Ausgangslage für den Edelmann Etienne de Goyon III., um als strategischer Vorposten von St. Malo dem Herzog der Bretagne zu Diensten zu sein. Ein lohnendes Investment, das sich langfristig für die einflussreiche und wohlhabende Adelsfamilie mit einem Sitz im bretonischen Parlament auszahlte.

Eine misslungene Feuertaufe

Doch noch sind wir in der Geschichtsschreibung nicht so weit. 
Der Bau der imposanten Verteidigungsanlage auf zwei hintereinanderliegenden Riffen gestaltete sich trotz der ausreichend und in unmittelbarer Nähe zur Verfügung stehenden natürlichen Ressourcen Stein und Holz äußerst mühsam. Schuld daran war die Standortwahl, die zwar unter abwehrtechnischen Gesichtspunkten alternativlos genial war, sich jedoch als logistischer Flaschenhals entpuppte.

Es ist deshalb fraglich, ob das Château de la Roche Goyon bereits vollkommen fertiggestellt war, als es seine glücklose erste Feuertaufe erlebte. Der Hundertjährige Krieg hatte 1379 noch nicht einmal seinen zeitlichen Zenit erreicht, als Bertrand du Guesclin, einer der mächtigsten und militärisch erfolgreichsten Männer Frankreichs den befestigten Adelssitz für König Karl V. in Besitz nahm. Nachdem die erste Phase des französisch-englischen Dauerkonflikts vorübergehend mit einem Waffenstillstand befriedet wurde, erhielt die Eigentümerfamilie zwei Jahre später ihr Schloss wieder zurück.

Danach pendelte sich die Ereigniswelt auf den beiden Felsen auf einen konstanten 100-Jahres-Rhythmus ein. So als ob das Schloss kurz vor Torschluss jedes Jahrhunderts zumindest einmal von sich Schlagzeilen machen wollte, nur um seine Existenz zu rechtfertigen. Nachdem nämlich die Familie Goyon durch eine vorteilhafte Heiratsverbindung ihren unbequemen Wohnsitz zugunsten einer komfortablen Baronie in der Normandie aufgegeben hatte, blieb lediglich ein Verwalter samt kleiner Wachmannschaft auf La Roche Goyon zurück. Dennoch widersetzte sich diese Rumpftruppe 1490 erfolgreich einer Belagerung durch englische Soldaten. 

Vom Schloss zur Festung

Viel gab es für die in der Burg stationierte Garde nicht zu tun. Einige Ausbesserungsarbeiten hier, Appelle und kleinere Gefechtsübungen da, ansonsten nahm das Leben einen eintönigen Gang, bis 1597 der achte und letzte Hugenottenkrieg auch vor dem abgelegenen Zipfel der Bretagne nicht Halt machte. Die Adelsfamilie Goyon-Matignon sowie die Bewohner des Umlands hatten sich in der religiösen Auseinandersetzung loyal hinter den protestantischen König Heinrich IV. geschart. Damit standen sie allerdings auf verlorenem Posten gegen Philippe Emmanuel Herzog von Mercœur, dem Gouverneur der Bretagne.

Der Heerführer aufseiten der Katholischen Liga hatte sich bereits einige Jahre zuvor selbst zum Protektor des katholischen Glaubens proklamiert. Und als solcher war er besonders ambitioniert, alle Hugenotten aus der Bretagne zu unterwerfen, zu vertreiben oder in letzter Konsequenz zu vernichten. Mit 2000 Soldaten und schlagkräftigen Kanonen rückte er gegen das befestigte Schloss an, hinter dessen Mauern sich zwischenzeitlich die etwa ein Dutzend königstreuen Familien der Umgebung geflüchtet hatten. Der Kampf der 30 Mann starken Schlossbesatzung war von Anfang an aussichtslos. Nach kurzen Kampfhandlungen wurde La Roche Goyon zunächst besetzt, geplündert und anschließend niedergebrannt. Lediglich der übermächtige Bergfried hielt der Zerstörungswut der Liga-Truppen stand.

Erst 1690 erinnerte man sich an der Spitze des französischen Königreichs wieder an die ehemalige Vorzeige-Festung. Der durchaus kriegslustige Sonnenkönig Ludwig XIV. beauftragte den Chef-Ingenieur der Festung von Saint-Malo, Siméon Garangeau, die zerstörte Schlossanlage in die geplante Küstenbefestigung zu integrieren. Der Wiederaufbau ging mit einer deutlichen militärischen Aufrüstung einher. Wehrtürme und Zugbrücken wurden instandgesetzt und die Wehrmauern verstärkt, um feindlichem Kanonenbeschuss standzuhalten. Zudem sicherten zwei Geschützbatterien die Meeresseite ab. Innerhalb eines viertel Jahrhunderts hatte sich die einstige Schlossanlage La Roche Goyon zum militärischen Bollwerk Fort La Latte gemausert.

Fort la Latte an der Cote Vermeille, Bretagne

Der armseligste Ort, an dem je ein Mensch gelebt hat

Dass beim Ausbau zum militärischen Stützpunkt kein Gedanke an möglichen Wohnkomfort verschwendet wurde, bekam im Jahr 1715 der Überraschungsgast James Stewart III. deutlich zu spüren. Der zweifelhafte englische Thronanwärter legte bei seiner Flucht von der britischen Insel notgedrungen einen Zwischenstopp in den Festungsmauern ein. Doch anstatt sich für die Gastfreundschaft dankbar zu zeigen, bezeichnete er die Burg wenig schmeichelhaft als den armseligsten Ort, an dem je ein Mensch gelebt hat.

Doch trotz des schlechten Images hielt sich Fort La Latte mit einer 60-Mann-Dauerbesatzung noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts als fester Bestandteil des französischen Küstenschutzes. Danach zogen innenpolitische Machtverschiebungen auch außenpolitische Kurswechsel nach sich. Dauergegner Großbritannien avancierte plötzlich zum Verbündeten, sodass die Sicherung des Ärmelkanals nur noch im Minimalbetrieb durchgeführt wurde. 1886 hielt gerade einmal ein Aufseher in der Festung die Stellung. Vier Jahre später kam das endgültige Aus für ihre militärische Laufbahn. Der französische Staat schrieb La Latte als historisches Liebhaberobjekt zum Verkauf aus.

Die zweite Karriere – Tourismus-Hochburg und Filmstar

Ein erster Käufer fand sich schnell, dem es jedoch an Motivation mangelte, in die heruntergekommene Burganlage zu investieren oder sie gar zu einem dauerhaften Wohnsitz auszubauen. Auch der zweite Käufer verdiente sich keine Meriten um die Instandsetzung der Burg. Erst der Erwerb durch das Ehepaar Joüon des Longrais erwies sich als wahrer Glücksfall. Der Ernennung zum Monument historique im Jahre 1925 folgte durch das finanzielle und leidenschaftliche Engagement der neuen Eigentümer endlich die Umsetzung der lange Zeit hinausgeschobenen Restaurierungsarbeiten. Ende der 1930-er Jahre war es dann so weit, dass die Pforten für die Öffentlichkeit geöffnet werden konnten.

Zwar sorgten der Zweite Weltkrieg und die missbräuchliche Nutzung der Besatzer, die jegliches Inventar, das nicht niet- und nagelfest war, zu Brennholz verarbeiteten, für einen Rückschlag in der touristischen Karriereleiter, doch Frédéric und Yolande Joüon des Longrais ließen sich davon nicht ins Bockshorn jagen. Dank ihres unermüdlichen Engagements zur Erhaltung des mittelalterlichen Ambiente gewann das Fort La Latte immer mehr touristischen Zulauf.

Und ganz nebenbei begann sich sogar die Filmindustrie für die historischen Mauern vor der traumhaften Naturkulisse zu interessieren. Über zwei Dutzend Leinwand- als auch Fernsehproduktionen wurden in den vergangenen 50 Jahren hier gedreht, wobei das monumentale Hollywood-Abenteuerdrama „Die Wikinger“ unvergessen bleiben dürfte. Auch wenn die Hauptdarsteller Kirk Douglas, Tony Curtis, Ernest Borgnine und Janet Leigh einen nie da gewesenen Medienrummel auf der französischen Halbinsel hervorriefen, so war dennoch für die Bretonen der heimliche Star des Kinoerfolgs von 1958 das Fort La Latte.

Szene aus dem US-Spielfilm Die Wikinger mit Kirk Douglas und Tony Curtis

Doppelt hält besser

Wie ohnmächtig sich die Angreifer angesichts der massiven Befestigungsanlage von See- und von Landseite aus gefühlt haben mochten, ist noch heute nachvollziehbar. Die zwei ins Meer vorgeschobene Felsplateaus waren sowohl untereinander als auch mit dem Festland lediglich über eine Zugbrücke verbunden. Dadurch ergab sich eine Zweiteilung in eine Vor- und Hauptburg, die für eine doppelte Absicherung sorgte.

Beide Zugbrücken waren zusätzlich durch ein lang gestrecktes Torhaus geschützt. Der Zu- und Ausgang konnte jeweils mit einem Fallgitter verschlossen werden, sodass der Feind bei gutem Timing der Wachmannschaft ausweglos in der Falle saß. Durch die sogenannten Mörderlöcher in der Gewölbedecke ließ man anschließend heißen Sand, Steine, angerührten Kalk oder Quecksilber auf den Gegner hinabregnen. Eine andere effektive und ebenso grausame Methode, bestand in einem schweren Holzbalken, der mit Eisenketten umwickelt war. Diesen ließ man solange auf die Aggressoren auf- und niedersausen, bis keiner mehr ein Lebenszeichen von sich gab.

War es den Angreifern wider Erwarten gelungen bis in den ersten Vorhof vorzudringen, wartete dort die nächste böse Überraschung. Vollkommen ungeschützt befanden sie sich hier auf dem Präsentierteller für die Bogen- und Armbrustschützen auf den Wehrmauern. Nur eine zahlenmäßige Übermacht konnte gegen diese Defensivmaßnahmen etwas ausrichten.

Torhaus und Hof der Vorburg von La Latte

Die Vergessenen

Bei Restaurierungsarbeiten in den 1970-er Jahren kam eine ungewöhnliche Entdeckung an das spärliche Tageslicht in den beiden Tortürmen. Im Boden hatten die Burgherren des 14. Jahrhunderts jeweils ein trichterförmiges Strafloch ausgehoben. In diese sogenannten „oubliettes“ (von franz. oublier = vergessen) steckte man bevorzugt Garnisonssoldaten, die zu tief ins Glas geschaut hatten. Auch renitente Befehlsverweigerer oder Faulpelze, die sich vor den eintönigen Rundgängen auf der Wehrmauer drückten, machten vorübergehend Bekanntschaft mit der äußerst unbequemen Zelle. Der Ein-Mann-Ersatzkerker war nämlich so schmal, dass der Gefangene darin nur stehen oder mit angewinkelten Beinen sitzen konnte. Da sich die Moral der Wachmannschaft 200 Jahre später wohl untadelig entwickelt hatte, geriet die eigentliche Funktion der oubliettes tatsächlich in Vergessenheit. Stattdessen fanden sie als Müllsammelbehälter eine sinnvolle Alternativnutzung.

Wohnkultur, Weihrauch und Wasser

An der Ostseite des zweiten Torhauses schließt sich die einstige Residenz der Adelsfamilie Goyon-Matignon an. Viel Wohnkomfort bot das ursprüngliche Gebäude mit schmalen Fenstern und dunklen Räumen kaum. Lediglich ein Kamin und dicke Tapisserien sorgten für ein wenig Wärme und Behaglichkeit. Kein Wunder, dass die Familie alsbald ihren Familiensitz auf- und die Anlage in die Aufsicht eines Verwalters übergab. Allerdings zogen die Gouverneure ebenfalls ein heimeliges Landhaus dem kalten und zugigen Gebäude vor. So war das Herrenhaus die meiste Zeit verwaist. Erst durch die Bauaktivitäten des Festungsingenieurs Garengeau erhielt das Gebäude zu Beginn des 18. Jahrhunderts einen zeitgemäßen Touch und wird seit der Restaurierung in den 1930-er Jahren durch die Eigentümerfamilie wieder dauerhaft bewohnt. Eine Innenbesichtigung ist deshalb nicht möglich.

Kapelle aus dem 18. Jahrhundert in der Burg La Latte

Auf der Westflanke des inneren Burghofs finden sich das ehemalige Wachhaus (der heutige Souvenir-Shop), die Zisterne sowie ein Gebetsraum. Schon im Mittelalter existierte an dieser Stelle eine seigneurale Kapelle, die jedoch der Brandschatzung der katholischen Liga zum Opfer fiel. Im 18. Jahrhundert entstand dann dieser Neubau speziell für die Garnisonstruppe. Ob man nicht genügend Vertrauen in die eigenen militärischen Fähigkeiten hatte, dass man zusätzlich auf priesterlichen Beistand oder himmlische Unterstützung durch den Heiligen Michael, den Schutzpatron der Soldaten, setzte?

Wesentlich wichtiger als die Bet- und Beichtmöglichkeit war auf jeden Fall die Trinkwasserversorgung der Burgbewohner. Durch die Lage im Meer hatte sich das Thema Grundwasser und Brunnen schnell erledigt. Stattdessen gewährleistete ein 20.000 Liter fassender Regenwasser-Sammelbehälter im Belagerungsfall ein längeres Ausharren in der Festung.

Eine neue Art des Schiffe Versenkens

Auf dem Weg zwischen einem weiteren Befestigungswall zum alles überragenden Bergfried schiebt sich ein schiefergedecktes Steingebäude mit Kamin in den Blickpunkt. Dabei handelt es sich um das seltene Exemplar eines Kanonenkugel-Ofens. Während der Französischen Revolution angefertigt, sollte darin die schwergewichtige Munition vorgeglüht werden, um sie anschließend auf feindliche Schiffe abzufeuern. Damit hieß die ausgegebene Devise nicht mehr „Schiffe versenken“, sondern „Schiffe in Brand setzen“, was schlussendlich auf dasselbe Ergebnis hinauslief.

Kanonenkugel-Ofen imFort La Latte, Bretagne

Allerdings verschlang die neue Methode Unmengen an Holz, um den Ofen auf der notwendigen Betriebstemperatur von 900 °C zu halten. Da dieser Vorgang zwei bis fünf Stunden in Anspruch nahm, hatten die vor der Küste von Fresnaye lauernden Freibeuterschiffe ausreichend Zeit, ihre Mission zu erfüllen und sich anschließend aus dem Staub zu machen. Bei genauerer Betrachtung bzw. Überlegung brachte das Vorglühen der Kanonenkugeln also keinen entscheidenden Vorteil. Dementsprechend wurde der Gebrauch des Ofens recht bald wieder aufgegeben, was auch seinen ausgezeichneten Erhaltungsgrad erklärt. Auch wenn sich die Idee des Kanonenkugelofens nur als militärtechnisches Strohfeuer des 18. Jahrhunderts erwies, setzte sich zumindest die französische Redewendung „tirer à boulets rouges“ bis heute durch. Dabei wird allerdings nicht wortwörtlich mit roten Kugeln geschossen, sondern nur mächtig auf den Putz gehauen.

„Feuer frei“ hieß es auf jeden Fall von den mit Kanonen ausgestatteten Bastionen entlang des äußeren Schutzwalls. Am wirkungsvollsten schreckte die feindlichen Eroberungs- oder Freibeuterschiffe die weit auf den Felsvorsprung hinausgezogene, hufeisenförmigen Batterie im Norden ab. Sie war mit acht Kanonen bestückt, die zur leichteren Positionierung auf einem beweglichen Fahrgestell montiert waren. Mit der 18-Kaliber-starken-Rückendeckung konnte die königliche Flotte bei Ebbe sicher vor der Bucht von Fresnay ankern, bis bei zurückkehrender Flut die Einfahrt in den Hafen von Saint-Malo wieder möglich war.

Der Bergfried – letzter Zufluchtsort mit atemberaubenden Ausblicken

Der höchste Punkt der Festung La Latte, der mächtige Bergfried, gehört zum ältesten Teil der Burganlage. Es ist das einzige Gebäude, das in der 700-jährigen Geschichte nicht auch nur einmal beschädigt wurde. Sehr wahrscheinlich hielten die vier tetramorphen Reliefs der Evangelisten, eines in jeder Himmelsrichtung an der Außenwand platziert, zusammen mit der Meerjungfrau über dem Eingang eine schützende Hand über den runden Turm.

Der Bergfried stellte in jeder mittelalterlichen Burganlage den letzten Zufluchtsort dar und war deshalb besonders gut befestigt. Während im Erdgeschoss die Bogenschützen aus den schmalen Schlitzschießscharten mögliche Angreifer auf Distanz hielten, sorgte die Wachmannschaft im zweiten Stock für tatkräftige Unterstützung durch den Gusserkerkranz. Als die Feuerwaffen Pfeil und Bogen ablösten, musste man in der Abwehrtaktik neue Wege gehen. Man nutzte fortan die nach unten ausgestellte Außenmauer des Bergfrieds im Zusammenspiel mit den Maschikuli als tödliche Bande, an der die Geschosse unberechenbar auf den Gegner abprallten.

Das Zwischengeschoss war dem Burgherrn und seiner Familie vorbehalten. Das sogenannte Herrschaftszimmer bot mit einem Kamin, Sitznischen am Fenster und einer privaten Latrine bereits einen gehobenen mittelalterlichen Wohnkomfort. Dazu lieferte die Aussichtsplattform überwältigende Impressionen als kostenlose Sonderausstattung. Burgfrauen-Herz, was willst Du mehr? 

Gargantuas Finger, Zeh oder Zahn?

Nach über zwei Stunden intensiver Burgerkundung gönne ich mir auf dem Rückweg zum Parkplatz eine kleine Auszeit. Gedankenverloren aufs Meer blickend, leiste ich dem einsam und verloren in der Landschaft stehenden Menhir ein wenig Gesellschaft und frage mich, was mir dieser steinerne Fingerzeig sagen möchte. Denn dass diese 2,60 Meter hohe, schlanke Granitsäule eine besondere Bedeutung hat, steht außer Frage. Nicht umsonst gilt die Bretagne als das Mutterland der keltischen Mythen.

So erzählt eine Legende, dass an dieser Stelle der bretonische Überriese Gargantua im Kampf gegen die rachsüchtigen keltischen Kobolde, die Korrigans, zunächst seinen Finger und später sein Leben verlor. Oder war es doch eher sein Zahn? Oder gar sein Zeh? Die Auswahl an Körperteilen scheint ebenso wie die Anzahl an Varianten der ursprünglichen Sage im Laufe der Zeit zugenommen zu haben. Absolut unverständlich, denn wie gesagt, der Fingerzeig ist eindeutig. Nur seine Bedeutung muss jeder für sich selbst entschlüsseln.

Menhir Gargantuas Finger im Schlosspark von Fort La Latte

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