Detail des Denkmals fuer Victor Nessler im Parc de l'Orangerie in Strasbourg
Blick in die Stadtgeschichte,  Frankreich,  Straßburger Spaziergänge,  Unterwegs

Massenet, Nessler und Waldteufel – Das Musikerviertel von Strasbourg


Nun wohne ich schon mehr als sieben Jahre im Quartier des Musiciens, dem Musikerviertel der Stadt Strasbourg und fühle mich dennoch als musikalischer Analphabet. Keine Frage Bach, Brahms, Chopin, Mozart oder Wagner kennt jeder, aber wie steht es mit Gounod, Massenet, Richter oder Nessler? Fast täglich begegne ich mindestens einem dieser musikalischen Ausnahmegrößen an einer Hauswand oder auf einem Straßenschild, ohne eigentlich zu wissen, welche Prominenz sich hinter dem Namen verbirgt. Es wird höchste Zeit, diese Bildungslücke zu schließen.

Doch bevor ich mich auf unbekanntes Terrain begebe, erzähle ich Euch zunächst ein wenig über die Entstehung des Musikerviertels, das als Teil der Straßburger Neustadt 2017 Aufnahme in das UNESCO-Weltkulturerbe fand.

Die Straßburger Neustadt

Ende des 19. Jahrhunderts war Straßburg eine Großbaustelle. Der 1870/71-er Krieg hatte heftige Spuren der Zerstörung im Stadtbild hinterlassen, die beseitigt und neu aufgebaut werden mussten. Außerdem sollte der „Neuerwerb“ des Deutschen Kaiserreichs zu einer „Vitrine der Germanisierung“(1) werden. Neben der Modernisierung der Infrastruktur, darunter der Bahnhof, hatten die Repräsentativbauten wie der Kaiserpalast, die National- und Universitätsbibliothek, der Justizpalast und die Präfektur oberste Priorität. Damit waren die Grundsteine für das Deutsche Viertel, das sogenannte Quartier Neustadt, im Nordosten der Grand-Île gelegt.

Nach Abschluss der ersten Bauphase wurde ab der Jahrhundertwende der zweite Teil des 386 Hektar umfassenden Städtebauplans in Angriff genommen. 10.000 neue Gebäude sollten entstehen. Die Hauptstadt des neuen Reichslandes Elsaß-Lothringen zog nämlich nicht nur eine ganze Völkerwanderung von Verwaltungsbeamten nach Straßburg, sondern auch für Händler, Kaufleute und andere Gewerbetreibende bot sich hier ein neuer Absatzmarkt. Straßburg boomte. Innerhalb von vier Jahrzehnten hatte sich die Einwohnerzahl auf knapp 180.000 Menschen verdoppelt.

Das neue Wohnviertel, das sich vom Kaiserplatz (aktuell Place de la République) bis zum Parc de l’Orangerie beim heutigen Europaviertel erstreckt, ist heute noch geprägt von monumentalen Wohnhäusern, Villen, Grünflächen und nicht wenigen Prachtstraßen. Und all die neuen Straßen benötigten einen Namen.

Avenue de la Liberté mit Kaiserpalast im Hintergrund, Strasbourg
Avenue de la Liberté; © Ch. Hamm

Das MusikerviertelLe Quartier des Musiciens

So beschloss 1908 die Straßenbenennungskommission ein kleines Planquadrat südlich des Orangerie Parks mit Namen von Musikern auszustatten. Die Auswahl fiel überwiegend auf deutschsprachige Musiker wie Bach, Beethoven, Brahms, Liszt, Mozart, Schubert, Schumann und Wagner. Doch angesichts der universellen Sprache der Musik durften auch französische Virtuosen im Straßburger Straßenkonzert mitspielen.

Nach welchen Kriterien die Auswahl letztendlich zustande kam, ist (zumindest mir) nicht bekannt. Dennoch wollte ich unbedingt in Erfahrung bringen, welche dieser illustren Persönlichkeiten ihren Namen nur diesem guten Zweck zur Verfügung stellten und welche Musiker tatsächlich eine Verbindung zu Straßburg oder zum Elsass besaßen. Nun, die Suche war mühsam, an manchen Stellen überraschend, aber nicht ganz unergiebig.

Und so starten wir unseren ersten musikalischen Exkurs mit dem einzigen wirklichen Elsässer, Victor Nessler. Dem leidenschaftlichen Komponisten habe ich nachfolgend sowohl den berühmten elsässischen Pariser Émile Waldteufel als auch den Pariser Ausflugs-Elsässser Jules Massenet zur Seite gestellt. Immerhin kreuzten sich deren Wege öfters am Rande von Strasbourg, im Château de Pourtalès. Zu einem späteren Zeitpunkt zeige ich Euch dann, wo das Salzburger Genie Wolfgang Amadeus Mozart seine Spuren in Strasbourg hinterließ, wer außerdem in der elsässischen Hauptstadt sein Stelldichein gab und warum die Marseillaise eigentlich eine Strasbourgaise sein müsste.

Victor Nessler – ein fast vergessener Elsässer

Victor Ernest Nessler erblickte als Sohn eines evangelischen Pfarrers und mütterlicherseits als Cousin zehnten Grades des unsterblichen Ludwig van Beethoven am 28. Januar 1841 im Örtchen Baldenheim bei Séléstat das Licht der Welt. Wie damals üblich, immatrikulierte sich der junge Nessler auf Wunsch des Vaters als Theologiestudent in Strasbourg. Das geistige Studium erlaubte ihm anscheinend ausreichend Freiraum, um nebenbei seiner musischen Seite Vorschub zu leisten. So nahm er Privatstunden, um das Komponieren geistlicher Musik zu erlernen. Sein Vater nahm diese Entscheidung mit den Worten: „Victor, wenn du es nicht schaffst, wirst du eben einfacher Organist in der Kirche, in der du auf der Kanzel hättest stehen können“, ziemlich gefasst auf.

Allerdings muss der Sohnemann bei seinen musikalischen Studien irgendwann und irgendwo „falsch“ abgebogen sein, denn als der noch Student 1864 mit seinem ersten eignen Werk debütierte, stieß dies zwar auf besonderes Wohlgefallen der anwesenden Zuschauer, doch mit geistlicher Musik hatte die Oper Fleurette wenig zu tun. Die tragische Geschichte einer nicht standesgemäßen und letztlich unerfüllten Liebe zwischen dem französischen König Henri IV. und einer Gärtnerstochter, die damit endet, dass diese ins Wasser geht, empfand die Universitätsleitung als unvereinbar mit dem Ethos eines Theologiestudiums. Folglich kehrte der Pastorensohn Strasbourg den Rücken, um sich in Leipzig weiterzubilden.

Bueste Victor Nessler im Parc de l'Orangerie in Strasbourg

Ein gefeierter Vogesenbär in Leipzig

Leipzig stellte sich für den Mittzwanziger als wohlgesonnenes Pflaster heraus. In den kommenden Jahren stieg er die Bekanntheits- und Karriereleiter peu à peu nach oben. 1870 erhielt er eine Anstellung als Chordirigent am Leipziger Stadttheater, dazu eine Verpflichtung als Kapellmeister in einem weiteren Schauspielhaus und übertrug ihm die Leitung des acht Chöre umfassenden Leipziger Sängerbunds. Alles in allem jede Menge Arbeit und Titel, die sich jedoch nicht in entsprechendem Wohlstand niederschlugen. Demzufolge musste sich Nessler für seine eigene Hochzeitsfeier von einem Freund finanziell unter die Arme greifen lassen.

Neben seinen diversen Engagements gab der Elsässer das Komponieren nie auf. Zahlreiche Lieder für die von ihm geleiteten Männerchöre entstanden, sowie diverse Singspiele bzw. Opern. Mit dem Rattenfänger von Hameln, der 1879 zur Uraufführung gelangte, heimste Nessler einen weiteren Achtungserfolg auf der Opernbühne ein und spielte sich in die Herzen der Leipziger. Diese schätzten ihren Vogesenbär, wie sie ihn liebevoll nannten, so sehr, dass sie zu seinem 41. Geburtstag eine groß angelegte Feier mit 300 Gästen und einem Fackelzug organisierten.

In den Folgejahren verlagerte er sich mehr und mehr aufs Komponieren. Rührselige Stücke, zuweilen hart an der Grenze zum Schnulzigen, wurden zu seinem Markenzeichen. Sein Meisterstück gelang ihm mit dem Trompeter von Säckingen. Die Oper nach dem gleichnamigen Gedicht aus der Feder des Karlsruhers Joseph Victor von Scheffel brachte ihm 1884 endlich die lang ersehnte Anerkennung. Über 6.000 Mal wurde Nesslers berühmtestes Werk aufgeführt und schaffte dabei sogar den Sprung über den Großen Teich an die Metropolitan Opera in New York. Kein anderer elsässische Komponist erreichte je eine derartige Popularität.

Stille Rückkehr nach Straßburg

Wenn der Erfolg am größten ist, sollte man in der Regel aufhören. Hätte Victor Nessler den Rat befolgt, wäre ihm nach dem Trompeter manch Häme und Schmach erspart geblieben. Allerdings war er ja noch lange kein greiser Mann, der sich auf das Altenteil hätte zurückziehen können. Dennoch zog es ihn nach 24 Jahren Leipzig-Aufenthalt endgültig in seine elsässische Heimat zurück. Er ließ sich in Straßburg nieder, das mittlerweile zum Deutschen Kaiserreich gehörte, und vollendete neben mehreren Lobliedern auf das Elsass zwei weitere Opern.

Denkmal Victor Nessler im Parc de l'Orangerie in Strasbourg

Mit seinem letzten Werk, Die Rose von Straßburg, hoffte er auf eine Wiederholung seiner früheren Erfolge. Immerhin diente ihm als Inspirationsquelle der von ihm überaus verehrte Richard Wagner mit seinen Meistersingern von Nürnberg. Dementsprechend packte Nessler bedeutende Ereignisse aus der Straßburger Stadtgeschichte wie die Zürcher Hirsebreifahrt in seine Oper. Doch seine süßlich-schwärmerische Komposition fand keinen Anklang mehr. Mit nur 49 Jahren verstarb der Elsässer am 28. Mai 1890. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Friedhof Saint-Gall im Straßburger Stadtteil Koenigshoffen.

Exakt fünf Jahre nach seinem Todestag wurde im Parc de l’Orangerie gegenüber dem Pavillon der Kaiserin Joséphine eine Bronzebüste zu Ehren Victor Nesslers enthüllt. Ein treuer deutsch-französischer Freundes- und Verehrerkreis stiftete das vom Straßburger Bildhauer Alfred Marzolff angefertigte Denkmal, das heute leider einen traurigen, weil reichlich vernachlässigten Anblick bietet.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gesellte sich dann als weitere Würdigung des Opernkomponisten die Rue Victor Nessler im Straßburger Straßenbild hinzu. Die kurze Einbahnstraße befindet sich keine 700 Meter von seinem Ehrenmal entfernt und war die einzige „Musiker“-Straße, die dank der elsässischen Wurzeln Nesslers während der deutschen Besatzung im II. Weltkrieg nicht umbenannt wurde.

Émile Waldteufel – der französische Walzerkönig

Keine zwei Gehminuten von der Rue Victor Nessler entfernt, trifft man auf das Straßenschild eines anderen musischen Zeitgenossen mit elsässischen Wurzeln. Geboren wurde Charles Émile Lévy dit (genannt) Waldteufel allerdings in der Altstadt von Strasbourg auf der Grand-Île am 9. Dezember 1837.
Der feste und eindeutige Namenszusatz (in diesem Fall Waldteufel) war per Dekret Napoleons ab dem Jahre 1808 für alle Juden in Frankreich verpflichtend. Anstelle der bis dato frei wählbaren oder gar inexistenten Familiennamen sollten so vorrangig die Bürgerrechte der jüdischen Bevölkerung gestärkt werden. Als erwünschter Nebeneffekt erleichterte dies natürlich auch deren steuerliche Erfassung. Der Großvater von Émile, ein durch die Tavernen des Elsass tingelnder Violinist, hatte bei der Namenswahl wohl das Alte Testament im Hinterkopf. Denn laut dem Buch Jesaia sollte das sündige und zerstörte Babel fortan nur noch von Steppentieren, Eulen, Straußen und Waldteufeln bewohnt werden.

Emile Waldteufel, franzoesischer Komponist

Wie dem auch sein, die Familie Lévy-Waldteufel besaß auf jeden Fall ein ausgeprägtes musikalisches Gen. Émiles bayerische Mutter war eine angesehene Pianistin und Gesangsprofessorin, während sich sein Vater als Orchesterleiter hervortat. Da sein Bruder Léon eine herausragende Begabung für das Violinenspiel zeigte, zog die Familie Anfang der 1840-er Jahre von ihrem Wohnhaus in Bischheim nach Paris.

Mit 16 Jahren trat der jüngere Waldteufel in die Fußstapfen seines Bruders am Konservatorium. Allerdings nicht als Violinist. Vielmehr ließ er, zusammen mit seinem Klassenkameraden Jules Massenet (von dem später noch die Rede sein wird), mit seinem besonderen Talent fürs Klavierspielen aufhorchen. Während seiner vierjährigen Studienzeit versuchte sich Émile auch an den ersten Kompositionen. Und wenn er nicht gerade mit dem berühmten Waldteufel-Familienorchester die Herzen der Pariser in den Tuilerien oder im südfranzösischen Biarritz erfreute, verdiente er sich ein kleines Einkommen in einer Klavierfabrik.

Der Kammerpianist der Kaiserin

Der Schriftsteller und Inspektor der französischen Denkmalbehörde Prosper Merimée sowie der Komponist Charles Gounod führten ihn am französischen Hofe ein. Kaiserin Eugénie war von seinem virtuosen Klavierspiel derart angetan, dass sie 1865 Waldteufel zu ihrem persönlichen Kammerpianisten ernannte. Der nächste Karrieresprung ließ nicht lange auf sich warten. Kaiser Napoléon III. zählte mittlerweile ebenfalls zu den Waldteufel-Bewunderern, sodass er ihm die glamouröse Stelle des Hofballdirektors übertrug.

Auch nach dem Sturz des Kaisers fanden die legendären Pariser Bälle ihre Fortsetzung. Die Republik wusste ebenfalls sich zu amüsieren, zu feiern und zu tanzen. Seine privilegierte Stelle erlaubte es dem fleißigen „Nebenjob“-Komponisten seine eigenen Kompositionen ins Gespräch zu bringen. So fiel sein Walzer Manolo bei Edward VII., Prince of Wales, auf eine begeisterte Zuhörerschaft, die ihm zum musikalischen Siegeszug auf der britischen Insel verhalf.

Mit dem Schlittschuhläufer auf Siegeszug um die Welt

Ab Mitte 40 widmete sich Waldteufel vermehrt seinem Steckenpferd, dem Komponieren. In den kommenden Jahrzehnten schuf er am Klavier nicht weniger als 300 Tänze im Walzer-, Polka- oder Mazurkastil, die heute immer noch gespielt werden. Mit dem sogenannten Schlittschuhläufer-Walzer, Les Patineurs, erlangte er sogar Weltruhm.

Noten des Schlittschuhlaeufer Walzers von Waldteufel

Oftmals wurden die heiter-beschwingten Werke des gebürtigen Elsässers mit den weitaus verschnörkelteren des Wiener Walzerkönigs Johann Strauss verwechselt. Schlagzeilen machten Beide gemeinsam in Berlin, als sie sich duellierten. Wohlgemerkt am Klavier. Aus dem Wettstreit soll allerdings kein Sieger hervorgegangen sein.

1899 zog sich Waldteufel aus dem öffentlichen Konzertleben zurück. Das Komponieren gab er bis zu seinem Lebensende nicht auf, obwohl ihm in der Spätphase langsam die Luft an neuen Ideen ausging. Als sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts dunkle Wolken über Europa zusammenzogen und die Leichtigkeit des Lebens verloren ging, gerieten auch Waldteufels Werke ins temporäre abseits. Der begnadete Musiker und Komponist starb am 12. Februar 1915 in Paris und erhielt nach seiner Einäscherung ein unscheinbares Grab auf dem berühmten Friedhof Père Lachaise.

In Straßburg erinnert seit 1936 eine Gedenktafel in der Grand Rue 84 an seine Geburtsstätte. Als das Haus aus dem 18. Jahrhundert 1968 einem Neubau weichen musste, integrierte man die Platte mit dem Konterfei Waldteufels der Einfachheit halber, aber faktisch inkorrekt, in die neue Fassade. Zudem kann man in Bischheim, einem Vorort im Norden von Strasbourg, einen Blick auf das Wohnhaus der Familie werfen. Und 300 Meter weiter, im Musée du Bain Rituel Juif, ist eine kleine Ausstellung mit persönlichen Gegenständen dem Walzermeister gewidmet.

Jules Massenet – vom Klaviervirtuosen zum begnadeten Opernkomponisten

Das dritte musikalische Genie dieses Blogbeitrags, Jules Émile Frédéric Massenet, war selbst kein gebürtiger Elsässer. Dafür besaß er durch seinen Vater, einen gebürtigen Strasbourgeois eine starke Affinität zum deutsch-französischen Grenzgebiet. Geboren am 12. Mai 1842 im französischen Zentralmassiv, schlug das Küken der insgesamt zwölfköpfigen Kinderschar des Offiziers und Industriellen Alexis Massenet mit seiner musischen Ader komplett aus der Art.

Fotografie Jules Massenet

Glücklicherweise förderte der geschäftige Vater das Talent seines Sprösslings und schickte ihn mit 11 Jahren bereits auf das Pariser Musikkonservatorium. Gemeinsam drückten hier Jules Massenet und Émile Waldteufel die Schul- und Klavierbänke, wobei der Opernkomponist Charles Gounod sie zeitweilig als Lehrer betreute. Mit dem Gewinn des Prix de Rome im Jahr 1863 ließ Massenet das erste Mal aufhorchen. Mit dem Preis war ein zweijähriges Stipendium in Rom verbunden, währenddessen der Student die schicksalhafte Bekanntschaft von Franz Liszt machte. Schicksalhaft insofern, dass der bereits berühmte Komponist dem aufstrebenden Massenet die äußerst begabte Klavierschülerin Louise-Constance de Gressy vorstellte. Es kam, wie es kommen musste. Beim gemeinsamen Spiel am Klavier verliebte man sich, sodass bald darauf die Hochzeitsglocken läuteten.

Elsässische Szenen und der gefeierte Spätromantiker

Seine außerordentlichen Klavierkünste führten ihn auch immer wieder ins Elsass, wo er neben Gounod und Waldteufel mehrfach als Gast im Schloss der Gräfin Melanie von Pourtalès weilte. Offensichtlich fand der Städter durchaus Gefallen am beschaulichen Elsass, welches ihn zur Komposition der beschwingten Suite Scènes alsaciennes anregte.

Schloss de Pourtalès bei Strasbourg
Schloss Pourtalès

Mit 36 Jahren nahm Massenet die Professur am Konservatorium in Paris an, die er bis 1893 innehatte. In dieser Zeit feierte er auch seine größten Erfolge als Opernkomponist. Manon, Le Cid, Esclarmonde füllten bereits die Säle der Pariser Opernhäusern, bevor Massenet mit Werther sein Meisterstück, basierend auf der lyrischen Vorlage von Johann Wolfgang von Goethes Roman Die Leiden des jungen Werther, ablieferte.

Programmheft der Oper Werther von Jules Massenet

Bis zu seinem Tod am 13. August 1912 war Massenet ein ruheloser, hochproduktiver Künstler. Neben zwei Dutzend Opern schrieb er zahlreiche Oratorien, Orchester- und Kammermusikstücke. Während sein Karrierestart als Pianist bereits einen äußerst vielversprechenden Verlauf genommen hatte, galt er später als renommiertester Opernkomponist seiner Ära. Noch heute stehen seine melodischen Werke auf den Spielplänen der bekanntesten Opern der Welt und das instrumentale Intermezzo Méditation aus Thaïs gehört zu den meist gespielten Violinsoli überhaupt.

Strassenschild Rue Massenet

Die Ehre der Benennung eines Straßburger Straßenzugs nach seinem Namen wurde Massenet erst posthum zuteil. Die breit angelegte, Baum gesäumte Parallelstraße zu seinem Landsmann Nessler firmiert erst seit 1918 als Rue Massenet. Zuvor logierten ihre Anwohner im Schatten Richard Wagners. Als das Elsass 1940 ins Deutsche Reich eingegliedert wurde, verschwand der Franzose Massenet vorübergehend wieder in der Versenkung. Seinen Platz auf den Straßenschildern nahm stattdessen der Berliner Komponist Albert Lortzing ein. Erst ab 1945 durfte der französische Spätromantiker wieder den Ton in der Straße angeben.


Gut zu wissen

In der Nähe

Weitere Werke des Straßburger Bildhauers Alfred Marzolff

(1) lt. Architektin und Urbanistik-Professorin Viviane Claude

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert