Cover Buch Siebenbuergen Bilder einer Reise 2 von Peter Jacobi
in Leselaune,  in Rumänien

Siebenbürgen Bilder einer Reise II

Siebenbürgen Bilder einer Reise II


„Gut ein Jahrzehnt nach „Bilder einer Reise“ erscheint nun ein weiterer Band mit Fotografien aus Siebenbürgen – ich habe die Absicht und Hoffnung, dass darin meine Neugierde, meine Überraschung und schließlich die Bewegtheit zum Ausdruck kommen, die ich bei meinen Reisen zu den Kirchen und Kirchenburgen meiner früheren Heimat empfunden habe“, schreibt Autor Peter Jacobi in seiner Einführung.

In der Tat hebt sich Peter Jacobis Bild- und Dokumentationsband grundlegend von den anderen in den letzten Jahren erschienen Veröffentlichungen über die siebenbürgisch-sächsische Kirchenburgenlandschaft ab. Es ist die spürbare Nähe des Autors, seiner Gefühle und Gedanken zum zwischen Vorworten, einem geschichtlichen Überblick der Siebenbürger Sachsen und den Nachworten sorgsam eingebetteten kulturellen Reichtum, die dieses Werk so einzigartig macht.

Durch die Kraft der Bilder leistet der Künstler und Fotograf seinen ganz eigenen Beitrag zum Erhalt der noch etwa 160 verbliebenen evangelischen Wehr- und Kirchenburgen in Siebenbürgen. Er schaut dahin, wo andere vorbeihasten. Er rückt unspektakuläre Gegenstände ins Rampenlicht und verleiht ungeliebten, gemiedenen Orten eine essenzielle Bedeutung. Mit dem Blick des Künstlers widmet er sich den unscheinbaren Details. Banale Szenen in Dachstühlen werden zu surrealen Kompositionen, das Bett des Dorfhirten zu einer Studie in Grün, das Kneipenschaufenster in Klosdorf zu einem Spiegelbild des Lebens, der Stützpfeiler eines Chorabschlusses zum unbekannten Gesicht.

Durch seine andersartige Sichtweise verändert er auch die Wahrnehmung des Betrachters. In der Kirche von Sächsisch Regen sehe ich nicht mehr nur einen simplen Leuchter, sondern einen Heiligenschein, die kugelförmigen Lampen in Rätsch erinnern mich nun an ein Damoklesschwert drohender Abrissbirnen, E.T. telefoniert über den Neithausener Spinnenweben-Beseitigungsstock nach Hause, die eiförmigen Uhrgewichte in Großalisch werden zu Dalis Inspiration, während der klobige Wehrturm von Almen mit den aufmerksam in die Runde blickenden Augen das Buschwerk hygienekonform als Alltagsmaske nutzt.

Wehr- und Kirchenburgen – Stillleben nach dem Exodus

Doch neben den Ausflügen in die fantasievolle Welt der Vorstellungskraft holt uns Peter Jacobi auch ganz schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Wehr- und Kirchenburgen – Stillleben nach dem Exodus lautet nämlich der ergänzende Titel des gedruckten Opus.
Der Terminus Stillleben stammt aus dem Niederländischen. Im Mittelpunkt eines stil leven, eines unbewegten Daseins, steht folglich die Darstellung regloser, lebloser Objekte. Traditionell handelt es sich dabei um bildliche Arrangements von Mahlzeiten, Tischgedecken, prächtigen Blumensträußen oder von symbolbeladenen Gegenständen wie Musikinstrumente, Sanduhren, Bücher und Totenschädel.

Stillleben auf dem Dachboden der Kirchenburg von Grossau aus dem Buch Siebenbuergen Bilder einer Reise 2 von Peter Jacobi

Nun, Peter Jacobi präsentiert uns zwar keine reifen Früchte oder toten Tiere, aber er setzt uns dennoch an einen reichhaltig gedeckten Tisch sakralen Inventars. Ein auf den ersten Blick harmloses Stillleben bekommen wir auf der Empore in Großau zu sehen. Ein wildes Durcheinander von Holztruhen, Taufbecken, Schalldeckeln, Musikinstrumenten, Liedanzeigern hat sich hier aus allen Himmelsrichtungen zusammengefunden. Zu ihrem eigenen Schutz, denn in ihren im Stich gelassenen Kirchen konnte niemand mehr für ihre Sicherheit sorgen.

Dagegen schenkt uns die Aufnahme aus Großprobstdorf ein ausgesprochen kontrastreiches, stilles Leben. Beinahe ein halbes Jahrtausend liegt zwischen mit dem wunderschönen gotischen Sakramentshäuschen und dem stilbrüchigen Heizungskörper im Vordergrund, dem das warme, seitlich hereinfallende Licht den Touch eines modernen Kunstwerks verleiht.

Peter JacobiSiebenbürger, Künstler, Kirchenburgen-Fürsprecher

Kunstwerk ist das passenden Stichwort, um an dieser Stelle die vielschichtige Persönlichkeit des Autors Peter Jacobi kurz zu skizzieren.

Mit Lebensdaten ergänzte Collage mit Steinskulpturen aus der Serie „Inliegend“ von Peter Jacobi

Der Siebenbürger Künstler empfindet die Bilder einer Reise II als moralische Verpflichtung. Viele seiner Fotografien lassen sich deshalb mit Vanitas-Stillleben assoziieren. Sie sind seine ganz persönliche Botschaft und Mahnung an die Vergänglichkeit des Lebens und Schaffens. Die abgelaufene Sanduhr wird zur malträtierten Kirchenburg, den klassischen Totenschädel ersetzt er durch ausgehöhlte Altäre, die erloschene Kerze findet ihr Pendant in verstümmelten Orgelpfeifen, während die überall präsenten Zitate aus dem Neuen Testament nurmehr verwelkten Blumen ohne Adressat gleichen.

Peter Jacobi setzt sich deshalb im Buch mehrmals mit der Frage der zukünftigen Zweckbestimmung der Kirchenburgen auseinander. Nur eine belebte Kirche kann nachhaltig gesichert werden, Leerstand bedeutet früher oder später immer Verfall. Einige evangelische Diaspora-Gemeinden scheuten deshalb nicht, ihr Gotteshaus in die Obhut der orthodoxen Glaubensgemeinschaft zu übergeben. Andere teilen sich mittlerweile den Kirchenraum wie auch Pflege und Unterhalt mit anderen Konfessionen. Mancherorts konnte damit das siebenbürgisch-sächsische Kulturerbe vor Ruin oder Vandalismus bewahrt werden. Natürlich gibt es auch unerfreuliche Ausnahmen, nicht eingehaltene Abmachungen, denn auch der Glaube ist kein Garant für untadeliges Verhalten. Dennoch bleiben die negativen Erfahrungen mit der Übergabe des Kulturguts in andere Hände die Ausnahme.

Leider scheinen bei manchen Ausgewanderten die emotionalen Narben der Enteignung, Deportation und Zwangseinquartierung nach dem Zweiten Weltkrieg nach wie vor dermaßen unversöhnlich präsent zu sein, dass sie jeglicher orthodoxen Nutzungsanfrage eine kategorische Absage erteilen. Anders lässt sich nicht erklären, warum die ein oder andere Kirchengemeinde trotz mangelnder Alternativen ihre Kirchenburg lieber sich selbst überlässt.

Im Buch unterwegs


Die siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen wurden durch die Jahrhunderte zum Symbol eines starken Glaubens, einer noch stärkeren Gemeinschaft und eines unbändigen Überlebenswillens. Nachdem diese verbindende Dreifaltigkeit durch den Massenexodus der Siebenbürger Sachsen auseinanderfiel, blieb das gebaute Kulturerbe in vielen Gemeinden schutz- und unterstützungslos zurück. Der Zahn der Zeit fügte den Wehr- und Kirchenburgen ebenso tiefe Wunden zu wie zerstörerische Fremdeinwirkungen. Es ist deshalb eine sehr bewegende Reise, auf die uns Peter Jacobi mitnimmt.

Den Fahrschein für die Reise von A bis Z darf der Leser gleich mehrmals lösen. Der Streckenplan führt von A wie Abtsdorf durch unzählige große und kleine Ortschaften bis Z wie Zendersch. Wir machen die Bekanntschaft aufopferungsvoller Burghüter und schlucken die Wut hinunter bei Bildern der Zerstörung. Aussichtslosigkeit wechselt sich mit Zuversicht ab, wobei wir die Bühne abstrakt-minimalistischer Szenerien betreten oder uns in zauberhaften Landschaften wiederfinden.

Weiter geht es durch das gegenständliche Alpha und Omega des siebenbürgisch-sächsischen Lebens. Vom Taufbecken über Altäre, Gedenkfahnen, Glocken, Leitern, Orgeln, Schießscharten, Schlösser, Sitzbänke, Speckkammern, Taufbecken, Treppen und Uhrgewichte bis zum Friedhof. Dazwischen legen zahlreiche Fotografien einfacher, banaler Bestandteile der Kirchenburg Zeugnis von einem aus der Not geborenen Erfindungsreichtum der Dorfbewohner ab. Man war gezwungen, aus wenig möglichst viel zu machen. So entstanden aus nahe liegenden praktischen Lösungen erstaunliche Alltagskunstwerke wie die mit ausrangierten Eisenteilen verzierte Tür in Arbegen, der Lkw-Rückspiegel als Beobachtungshilfe am Orgelgehäuse von Langenthal oder die dauerhaft-provisorischen Uhrgewichte im Glockenturm von Keisd.

Stillleben nach dem Exodus – ein emotionales Werk

Stillleben nach dem Exodus besitzt für mich eine ungeheure emotionale Intensität. Peter Jacobi ist ein Meister der Darstellung puristischer Schönheit, aber er weiß auch Menschen und Gegenstände in Szene zu setzen, wie kein anderes gedrucktes Werk über die Wehr- und Kirchenburgen Siebenbürgens. Die unzähligen Aufnahmen, bei denen ich einfach nur ins Leere starre, sind seelisches Martyrium. Mit Sicherheit empfindet die vermutlich letzte Burghüterin von Großeidau exakt dasselbe angesichts des Nichts, das sich über ihr bis zum offen liegenden Dachstuhl ausbreitet.

Ich schätze besonders die Bilder, die zum Nachdenken anregen, über das, was man nicht sieht, über das, was fehlt. Wenn uns Peter Jacobi Gesangbücher präsentiert, die ungenutzt auf den Kirchenbänken dem „Früher“ nachtrauern oder Orgeln, die nicht mehr bespielt werden (können), Kanzeln, von denen kein Wort Gottes mehr herab tönt, sorgfältig in einer Truhe aufbewahrte Spruchtücher, die keine Verwendung mehr finden, oder massive, fest verschlossene Türen, dann zeigt er uns gleichzeitig die Abwesenheit der Menschen.

Diese subtile Symbolkraft der Aufnahmen zählt für mich zu den herausragenden Leistungen der Siebenbürgen Bilder einer Reise. Die herabgenommene Glocke neben der Sargbank in Scholten, die Natur, die sich unaufhaltsam ihr Terrain zurückerobert, wie auch die Kuh am Scheideweg vor der Meschener Kirchenburg sprechen für sich. Unschlüssig verweilt sie zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen der schlaglöchrigen Gasse und der asphaltierten Straße, die hinter einer Kurve ins Ungewisse führt.

Wahre Schätze und ein Super-GAU

Wahren Schönheiten und Schätzen begegnen wir mit der Kirchenburg von Bußd, dem urwüchsigen Wehrturm in Frauendorf sowie dem idyllischen Kirchlein in Schlatt. Dagegen beeindruckt die Aufnahme von Weingartskirchen durch ihre grandiose Bildsprache, die von der enormen baulichen Schaffenskraft der Siebenbürger Sachsen im Verhältnis zu ihrer mikroskopischen Erscheinung im kosmischen Weltbild erzählt.

Doch wie gesagt, Peter Jacobi ist schonungslos. Schönmalerei, verklärende Verfallsromantik muss man woanders suchen. Die Schönheit, die auch dem Verfall innewohnen kann, ist hier immer authentisch. Senndorf dient dabei als exzellentes Beispiel. Es zeigt zudem, dass auch ein kleiner Ort mit einer der noch wenigen erhaltenen Darstellungen des Navicella-Schiffes von Giotto einen großen Beitrag zur Kunstgeschichte leisten kann. Vorausgesetzt, man bemüht sich um den Erhalt des vorreformatorischen Fresken. Die Fotografie lässt daran leider zweifeln.

Für Dobring benötigt man besonders starke Nerven. Der Zustand der Kirchenburg und der Umgang mit dem Ort der Ruhe ist ein sprachlos machender Super-GAU. Mutwillige Zerstörung, Diebstahl, Vandalismus oder pietätloser Friedhofsfrevel werden durch Ignoranz und Wegschauen der ordnungshütenden Staatsorgane weiter befeuert. Eine unheilvolle Symbiose, die dem langfristigen Erhalt des Kulturerbes entgegensteht.

In Leselaune’s Schlussansichten


Eines sei vorausgeschickt. Siebenbürgen Bilder einer Reise ist ein wundervoller Bildband, an dem man nicht vorbeikommt, sobald man einmal dem wehrhaften Charme und doch so verletzlichen Schönheit der siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen erlegen ist. Die kunstvolle, aber nicht minder akribische Bestandsaufnahme von Peter Jacobi gehört definitiv zur Pflichtlektüre für alle Reisenden, die das reiche Erbe dieses Landstrichs in all seinen Facetten kennenlernen möchten.

Ästheten, Fotografie-Liebhaber, Kunst- und Kulturhistoriker werden dieses Buch ebenso sehr schätzen wie ausgewanderte Siebenbürger Sachsen, deren Blick beim Blättern durch das Buch mit Sicherheit von Wehmut getrübt sein wird. Doch grundsätzlich ist das Stillleben nach dem Exodus eine Wort-Bild-Dokumentation, die uns alle angeht. Zumindest alle, die Verantwortung für ein Kulturerbe empfinden, das von Menschen unter entbehrungsreichen, aufreibenden, existenzbedrohten Bedingungen geschaffen wurde.

Dabei kommt dieses ungewöhnliche Buch ohne viel Worte aus. Die kurz gehaltenen Bildbeschreibungen nutzt Peter Jacobi als Sprachrohr seiner Gedanken, Eindrücke, persönlichen Erlebnisse. Mal setzt er diese in einen künstlerischen Zusammenhang, mal ergänzt er sie durch zweckdienliche Beschreibungen. Und häufig lassen seine Impressionen ein fiktives Bild im Bild entstehen, wie dasjenige des zwischen dem Glockenläuten schaukelnden Jungen im Seligstädter Dachstuhl.

Dachstuhl der Wehrkirche von Seligstadt aus dem Bildband Siebenbuergen Bilder einer Reise 2

Bilder als Anstoß für kritisches Hinterfragen

In seinen Bildern nimmt der Siebenbürger kein Blatt vor den Mund. Er stellt fest, enthält sich aber jeglicher Wertung. Das überlässt er dem Leser und Betrachter. Dieser darf sich seine eigene Meinung über die lapidare Erklärung der Mediascher Kirchenverwaltung zur nicht erfolgten Sicherstellung des Kircheninventars nach Einsturz des Chorraumes in Wölz (S. 83) bilden. Oder sich in Reußdorf (S. 87) die Frage stellen, weshalb und wann genau Moral, Gewissen, Respekt vor fremdem Eigentum abhandengekommen sind, wie auch der nachbarschaftliche Zusammenhalt, um der Ignoranz dieser Werte entgegenzustehen?

Wenige Seiten weiter überrascht in Halvelagen ein klassizistisches Kleinod mit ernüchternder Erläuterung des Autors, dass die Heimatortsgemeinschaft in Deutschland es aufgegeben hat, sich um die einstige Heimatgemeinde zu kümmern. Kann es hierzu ein mildes Urteil geben? Verliert der Begriff Heimatortsgemeinschaft nicht seine Bedeutung, wenn die Ausgewanderten für den Erhalt des baulichen Kulturerbes in ihrer ehemaligen Heimat keine Verantwortung übernehmen? Eine schlimmere Abstrafung für den Überlebenskampf und die Leistungen der eigenen Vorfahren ist für mich kaum vorstellbar.

Ein Kirchenburgenlabyrinth ohne Ausgang

Mit Siebenbürgen Bilder einer Reise halte ich ein Buch von erstklassiger Qualität in Händen. Der repräsentative Hochglanz Einband, die hochwertigen Fotografien und dazu die grafische Gestaltung mit meistens nur einer großformatigen Aufnahme pro Seite bereiten ein außergewöhnliches Leseerlebnis. Besonders erwähnt sei in diesem Zusammenhang die strapazierfähige Bindung, die auch nach dem x-ten Auseinanderklappen, Durchstöbern und Hin- und Herblättern die Seiten an ihrem Platz hält. Ein nicht unerhebliches Qualitätskriterium, denn eines ist sicher, Peter Jacobis Siebenbürgen Stillleben nach dem Exodus ist kein Werk, das man nur ein Dutzend Male zur Hand nimmt.

Cover Buch Siebenbuergen Bilder einer Reise 2 von Peter Jacobi

Die Idee, den über 600 Bildern einer Reise II eine thematische Struktur zu geben, finde ich grundsätzlich gelungen. Dass diese Ordnung nicht immer stringent eingehalten wird und die bildlichen Zuordnungen innerhalb der 13 Kapitel mitunter verschwimmen, schreibe ich der gedanklichen Freiheit des Künstlers zu. Ich bin mir allerdings noch unschlüssig, ob ich die beiden grauen Leerseiten (S. 337/348) mit den Bildunterschriften ohne Bild sowie die seitenverkehrte Fotografie der Orgel in Stolzenburg (S. 237), bei der Kaiserin Maria Theresia mit ihrem Sohn Josef II. den Platz an den Orgelohren getauscht hat, ebenfalls in die Kategorie „subtiler Aufmerksamkeitstest“ einordnen soll oder hier tatsächlich ein Layout-Lapsus passiert ist.

Doch angesichts des monumentalen 424-Seiten-Buchs fallen diese Kleinigkeiten nicht ins Gewicht. Man schmunzelt und genießt weiter. Das Einzige, was ich an diesem Band tatsächlich bemängle, ist ein fehlendes Ortsverzeichnis. Häufig beiße ich mich an einer Bildimpression fest, mache mich auf die Suche nach einem „Mehr“ dieser Kirchenburg, verliere mich im Labyrinth der unzähligen Aufnahmen, finde weitere Schmuckstücke, die ich unbedingt näher kennenlernen möchte und bin am Ende deprimiert, weil ich dieses immense Kirchenburgen-Memory nicht lösen kann.

Die Zeit drängt – Handeln ist gefragt!

Siebenbürgen – Bilder einer Reise II  ist ein Werk von innerer Zerrissenheit. Von einem Siebenbürger, der heimkehrt und gleichzeitig nach vorne schaut. Melancholisch, ungeschönt, bedauernd, aber niemals schicksalsergeben erstarrend. Mitunter anklagend, sehr häufig appellierend. Es ist auch das Werk eines Menschen und Künstlers, der die Zukunftsdiskussion nicht scheut. Wie kann es für die Kirchenburgen weitergehen? Mit welchen Mitteln kann der im ausgehenden letzten Jahrhundert eingeleitete Abgesang des siebenbürgisch-sächsischen Kulturerbes aufgehalten werden? Wie sehr darf in den ursprünglichen Bestimmungszweck der Sakralgebäude eingegriffen werden, um die Bausubstanz zu erhalten?

Detailansicht der Sakristeituer der Stadtpfarrkirche von Hermannstadtaus dem Buch Stillleben nach dem Exodus von Peter Jacobi

Eines ist sicher. Die Zeit der Passivität, des Abwartens dauerte schon zu lange. Handeln ist jetzt angesagt. Schnell, langfristig und nachhaltig. An privaten Initiativen und Stiftungen wie dem Mihai-Eminescu-Trust, dem Kulturerbe Kirchenburgen e.V. oder dem gemeinnützigen Arcus Verein mangelt es nicht, doch jede helfende Hand ist jetzt gefragt. Eine entsprechende Symbolkraft vermittelt die doppelseitige Detailansicht der eisenbeschlagenen Sakristeitüre der Hermannstädter Stadtpfarrkirche. Viel kleine Hände greifen hier ineinander und halten alles zusammen. Sie stehen für Stärke, Zusammenhalt sowie ein gemeinsames Ziel. Und wer genau hinschaut, der entdeckt dazwischen eine zierliche Blüte als Zeichen von Schönheit und Hoffnung.

Ich wünsche mir deshalb, dass die siebenbürgischen Bilder einer Reise II verdienterweise eine breite Leserschaft finden. Peter Jacobis Momentaufnahmen besitzen nämlich eine immense Halbwertzeit. Es sind Bilder, die berühren, sich festsetzen und idealerweise auf eine weitere helfende Hand treffen, um dieses einmalige sächsische Kulturerbe zu erhalten. Petrus, Paulus und Konsorten stehen in Oberneudorf auf jeden Fall bereit, um mutig voranzuschreiten und die tatkräftige Arbeit, an welchem Ort auch immer, moralisch zu unterstützen.

abgebaute Altarfiguren aus der Wehrkirche von Oberneudorf aus dem Bildband Siebenbuergen Bilder einer Reise 2

Cover Buch Siebenbuergen Bilder einer Reise 2 von Peter Jacobi

Siebenbürgen
Bilder einer Reise II

Wehr- und Kirchenburgen
Stillleben nach dem Exodus

Kategorie: Bild- und Dokumentationsband
Autor: Peter Jacobi
Verlag: Schiller Verlag Bonn – Hermannstadt
Erscheinungsjahr: 2017; 1. Auflage
Ausgabe: Hardcover
Umfang: 424 Seiten
ISBN: 978-3-944529-87-5
Preis: 29,90 €

Es gibt übrigens auch eine englischsprachige Ausgabe unter dem Titel Wayfarer through Transylvania II.

Zur Ergänzung

Bilder einer ReiseBand I von Peter Jacobi ist leider nur noch antiquarisch erhältlich. Als Alternative erschien 2009 die CD Stillleben nach dem Exodus – Wehrkirchen in Siebenbürgen. Anhand von 2000 Fotografien aus 200 Ortschaften, die Peter Jacobi in den Jahren 2004 und 2005 anfertigte, lässt sich das ganze Ausmaß des siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgendramas erfassen.

Autor: Peter Jacobi
Verlag: Schiller Verlag Bonn – Hermannstadt
Erscheinungsjahr: 2009
Ausgabe: CD-Rom im Jewelcase
ISBN: 978-3-941271-29-6
Preis: 5,95 €

Mehr über die Navicella Darstellung von Giotto

Im Jahr 1298 fertigte der italienische Künstler Giotto di Bondone für die Petersbasilika in Rom ein Mosaik mit der Darstellung  des Schiffleins Petri (= Navicella). Nachdem es im 17. Jahrhundert irreparabel beschädigt wurde, befinden sich heute am mittleren Eingangsportal des Peterdoms nur noch Fragmente davon, die durch eine barocke Kopie ergänzt wurden.

Neben Senndorf besitzt die heute evangelische Kirche Saint-Pierre-le-Jeune in Straßburg eine der ältesten erhaltenen Navicella-Darstellungen. Das zwischen 1320 und 1325 angefertigte Fresko mit dem Schifflein Petri und dem auf dem Wasser wandelnden Jesus schmückt die Westwand des Mittelschiffs.

Das Cover und die Bilder sind (sofern nicht anders angegeben) Eigentum des Verlags, des Fotografen Peter Jacobi bzw. sonstiger Rechteinhaber. Die Buchvorstellung ist unbezahlt und unbeauftragt.

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