Blick in den Schwarzwald von der Festungsruine Hochburg bei Emmendingen
Heimat,  Unterwegs

Festungsruine Hochburg bei Emmendingen


Noch heute zeugen die beeindruckenden Ruinen der Hochburg bei Emmendingen, dass die Markgrafen von Baden und ihre Seitenlinien auf dem Hachberg einst die größte Festungsanlage Südbadens errichteten. Und wo früher Waffengeklirr und Kanonendonner zu hören waren, genießt man heute einen fantastischen Weitblick in den Schwarzwald und die Rheinebene.

Ein wenig „neue Normalität“

Nun, da endlich ein schmaler Silberstreif am Corona-Horizont eine Rückkehr in die „neue Normalität“ möglich macht, zieht es auch mich wieder nach draußen. Allerdings werden meine bisherigen Streifzüge durch Europa vorerst einen bescheidenen Radius einnehmen.

Ich bin schon froh, als deutsch-französische Grenzgängerin, wieder einigermaßen unproblematisch die Rheinseiten wechseln zu können. Die scheelen Blicke der jeweiligen Polizeikontrolle, sowie der Wust an sich ständig wechselnden Dokumenten zum Grenzübertritt, ließen den Glauben an ein grenzenloses Europa in ganz weite Ferne rücken. Und obwohl die Grenzkontrollen in Kürze wieder komplett wegfallen sollen, ist Europa für mich momentan gefühlt einfach meilenweit entfernt.

Deshalb habe ich beschlossen, in nächster Zeit, der näheren Umgebung den Vorzug geben. Ganz nach dem Motto: „Kennst Du Deine Heimat?“ Offen gestanden, schneide ich bei dieser Frage ganz schlecht ab. Aber es ist ja nie zu spät, daran etwas zu ändern. Und wenn nicht jetzt, wann dann?

Bei meiner Suche nach einem Schönwetter-Ziel bin ich auf die Website der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg gestoßen. Dabei fiel mir sofort die beeindruckende Ruine der Hochburg bei Emmendingen ins Auge. Einst Stammsitz der Markgrafen von Baden, galt sie als größte und modernste Festungsanlage Südbadens. Wo früher Waffengeklirr und Kanonendonner zu hören waren, genießt man heute einen fantastischen Weitblick in den Schwarzwald und die Rheinebene.
Also ein perfekter Auftakt für das Unternehmen „Touren durch das Badner Land“. Der Picknickkorb war schnell gerichtet und los ging’s.

Blick in den Schwarzwald von der Hochburg bei Emmendingen

Die Anfänge der Hochburg

Ihre erste urkundliche Erwähnung belegt ein Dokument des Bischofs von Konstanz aus dem Jahre 1127. Vermutlich erfolgte die Grundsteinlegung aber schon gut einhundert Jahre zuvor als sogenannte Rodungsburg. Von ihrem Standort aus sorgte der Burgherr dafür, dass die umliegenden Wälder, Felder und Ländereien einer wirtschaftlichen Nutzung zugeführt wurden.

Blick ins Rheintal von der Festung Hochburg

Wohlwollende Geschichtsschreiber lassen die Wurzeln der Hochburg, die früher Hachburg hieß, sogar bis in das Jahr 808 zurückreichen. Damals bekam quasi ein gewisser Ritter Hacho aus den Händen Karl des Großen das Gut übereignet, um darauf eine erste Befestigung zu errichten.

Auf jeden Fall ging die Burg ab Mitte des 12. Jahrhunderts in das Eigentum der Markgrafen von Baden über, von der sich im Jahr 1212 die Seitenlinie Baden-Hachberg abnabelte. Als Herrschaftssitz wählte die neue Markgrafschaft die Hochburg auf dem Hachberg. Denn mit einem Bergfried, einem Palas, einer Ringmauer und einem Burggraben besaß die kleine Festung zunächst alles, worauf es ankam.

Die Hochburg zur Zeit der Markgrafen von Baden-Hachberg

Doch im Laufe der Jahre musste die Hochburg immer wieder den militärtechnischen Entwicklungen durch bauliche Erweiterungen und Verstärkungen angepasst werden. Neben dem bisherigen Wehrturm im Süden entstand am gegenüberliegenden Ende des 343 Meter hoch liegenden Plateaus ein zweiter Bergfried. Außerdem erweiterten die neuen Besitzer den Bereich der Unterburg mit Schmiede, Geschützgießerei und Gefängnis. Sogar an ein Sammelbecken für Regenwasser, eine sogenannte Wette, hatte man gedacht. Durch die metallverarbeitenden Handwerke auf der Burg war der Bedarf an Lösch- und Brauchwasser deutlich gestiegen.

Als 1389 der Markgraf von Baden-Hachberg auf dem Schlachtfeld starb, wurden Erbe und Burg unter seinen beiden Söhnen aufgeteilt. Keine glückliche Lösung, denn die Splittung der Besitztümer, stürzte die kleine Markgrafschaft in tiefe wirtschaftliche Schwierigkeiten. In kürzester Zeit komplett überschuldet, blieb als einziger Ausweg, die liebe Verwandtschaft um Hilfe zu bitten. Und diese war nur zu gerne bereit, die Hochburg für 80.000 Rheinische Gulden wieder dem Badener Stammhaus zuzuführen. Damit hatte das 200-jährige Intermezzo der Markgrafen von Baden-Hachberg auf ihrer Hausburg ein jähes Ende gefunden.

Zwinger mit der Eselsritt-Treppe auf der Hochburg

Zurück im Stammhaus des Markgrafen von Baden

Für die Weiterentwicklung der Hochburg stellte sich der Besitzerwechsel als Segen heraus. In den Auseinandersetzungen mit dem Oberrheinischen Städtebund bestand sie ihre erste richtige Feuertaufe. Keinem feindlichen Angreifer gelang es, das noch heute genutzte Haupttor im Südwesten der Burganlage zu überwinden.

Nach Beruhigung des innenpolitischen Machtgerangels mit dem Oberrheinischen Städtebund schnürten die Burgherren aus der Markgrafschaft Baden ein gut angelegtes Investitionspaket in den weiteren Ausbau der Höhenburg zu einer komplexen Festungsanlage. Neben der Beseitigung von Schwachstellen im Verteidigungsring, sowie der Errichtung weiterer Wehrbauten, galt ein weiteres Augenmerk der wirtschaftlichen Grundversorgung der Burgbewohner.

Außer dem Markgrafen, seinem Gefolge, der kompletten Administration und der auf der Burg stationierten Truppen nebst Familie, mussten zeitweise bis zu 500 Mann verpflegt werden. Es war deshalb unerlässlich, dass die Hochburg, speziell für den Fall einer Belagerung, als semi-autarkes Wirtschaftsunternehmen funktionierte. Garant hierfür war der Meierhof, eine effiziente, landwirtschaftliche Versorgungsmaschinerie. 

Großbaustelle im 15. und 16. Jahrhundert

Was die Aufrüstung der Wehranlagen betraf, baute man als Erstes den südlichen Burggraben zum unteren Burghof aus. Dann folgte zu seiner Sicherung ein hochaufschießendes Bollwerk, das sogenannte „Hohe Werk“ aus sechs Meter dickem Mauergestein mit zwei Flankierungstürmen im Süden.

Um nun zur Oberburg zu gelangen, mussten Freund und Feind zunächst ein weiteres Torhaus passieren. Mit Fallgitter, Schießscharten und einem Ein-Mann-Durchgang war es bestens gegen gegnerisches Vordringen gewappnet.

Inneres Burgtor der Hochburg

Direkt hinter dem Innentor hatte der Burgkommandant aus dem Obergeschoss seines Domizils bestens im Blick, was sich auf dem Verbindungsweg zwischen Unter- und Oberburg abspielte. Im Schneckenkasten, benannt nach dem angebauten Rundturm, logierten außerdem temporäre, normalsterbliche Gäste und wenn noch Platz war, machten sich hier Getreidevorräte breit.

Turm des Schneckenkastens auf der Burgruine Hochburg

In Verlängerung der Kommandantur erstreckte sich als Verbindung zwischen Unter- und Oberburg, sowie zur Sicherung der Ostflanke, der massive, hoch aufgeschossene Zwinger. Hier wandelt man tatsächlich noch in den Fußstapfen der mittelalterlichen Burgbewohner beziehungsweise auf dem original Kopfsteinpflaster aus dem 15. Jahrhundert.

Wer es eilig hatte, oder wem der Weg entlang des Zwingers zur Oberburg zu weit war, konnte die neu geschaffene Abkürzung benutzen. Ganz nach dem Motto „Zeit ist Geld“ führte der Eselsritt, eine für Reittiere geeignete Flachtreppe, durch einen übertunnelten Durchgang direkt in den oberen Burghof. Vorausgesetzt natürlich, dass das Fallgatter hochgezogen war und die Bohlenbretter über einem ausgehobenen Schacht noch an Ort und Stelle lagen. Im Falle einer feindlichen Invasion konnten diese nämlich entfernt werden, sodass ein unüberwindbarer Mini-Burggraben entstand.

Zwinger der Festungsruine Hochburg bei Emmendingen

Schräg gegenüber der Kommandantur im Schneckenkasten residierte der Burgvogt in einem herrschaftlichen, zweistöckigen Wohnhaus mit einem riesigen Gewölbekeller. Weitere Wirtschafts- und Wohnräume für die Burgbewohner standen im daran angrenzenden Herbsthaus zur Verfügung.

Alle guten Dinge sind 3 – die Markgrafschaft Baden-Durlach

Das nordöstliche Areal des Burgbergs entwickelte sich zu einem ein multifunktionalen Sammelbecken mit Namen Küferhof. Außer der Küferei, einem Zeughaus, diversen Speichergebäuden sowie einem Brunnen, gab es zudem eine Pfisterei (Bäckerei) mitsamt zugehöriger Rossmühle. So konnte das Getreide, das auf den Feldern unweit des Meierhofs geerntet wurde, selbst gemahlen und anschließend in der hofeigenen Bäckerei zu Brot weiterverarbeitet werden. Der Küferhof verfügte sogar über einen separaten Zugang, den die Wachmannschaft von einem neun Meter hohen Rondell aus stetig im Auge behielt. Warum das Rondell „Gieß(h)übel“ hieß, lässt Übles vermuten.

Kaum waren die umfänglichen neuen Sicherungsmaßnahmen fertiggestellt, mussten sie auch schon ihre Effizienz beweisen. Während die Stadt Emmendingen zu Füßen des Hachbergs unter den Gewaltausbrüchen des einfachen Volkes sehr zu leiden hatten, überstand die Hochburg die Bauernaufstände im Jahr 1525 unbeschadet.

Kurze Zeit später standen die nächsten Veränderungen ins Haus. Die Markgrafschaft Baden spaltete sich durch Erbteilung erneut in zwei Territorien, wobei die Hochburg in die Hände des Hauses Baden-Durlach fiel. Der neue Markgraf, Karl II., war im wahrsten Sinne des Wortes ein Reformator. Er führte die Lehre Luthers in seinem Herrschaftsgebiet ein und gab der Hochburg ein gänzlich neues Gesicht. Obwohl er zunächst Pforzheim und später Durlach als Residenzen bevorzugte, investierte der größtenteils abwesende Burgherr in die mittlerweile zweitgrößte Burganlage Badens. Was die Verteidigungsmaßnahmen anbelangte, war die Hochburg gut aufgestellt. Woran es eindeutig mangelte, war der wohnliche Komfort.

Oberburg der Festungsruine Hochburg bei Emmendingen

Die Hochburg als Prestigeobjekt

Dies änderte sich mit dem Umbau der bisher, mehr oder weniger, zusammenhanglosen Einzelgebäude auf dem oberen Burghof zum Renaissanceschloss. So entstand in den Jahren 1553 – 1557 anstelle der bisherigen Oberburg ein lichtdurchfluteter Prachtbau mit allen Annehmlichkeiten der Zeit. Leider geben die verbliebenen Ruinen heute nur noch ein spärliches Zeugnis des einstigen Prestigeobjekts der Markgrafschaft Baden-Durlach ab.

Auch von dem Anfang des 17. Jahrhunderts fertiggestellten Bastionsring ist heute nicht mehr viel zu sehen. Da die mittelalterlichen Befestigungselemente den modernen Feuerwaffen wenig entgegenzusetzen hatten, umgab der nächste Markgraf die Hochburg mit einem sternförmigen Schutzwall aus Kasematten und sieben kanonenbestückten Bastionen. Und obwohl die Hochburg damit den modernsten Festungsbau-Standards entsprach, fand sie im Dreißigjährigen Krieg in den Truppen der Katholischen Liga ihren Meister. Sage und schreibe zwei Jahre lang, von 1634 bis 1636, hielten der Burgkomplex und die Soldaten des Badischen Markgrafen der Belagerung stand. Doch dann war jegliche Munition verschossen. Es blieb nur die Kapitulation, gefolgt von der Schleifung der Wehranlagen.

Allerdings schrieben die Markgrafen von Baden-Durlach ihre Vorzeigefestung nicht so schnell ab. Ein Vierteljahrhundert später begann der mühsame Wiederaufbau. Doch die Freude über die im neuen Glanze erstrahlende Hochburg währte nur kurz. Kaum war über den religiös motivierten Dreißigjährigen Krieg Gras gewachsen, entbrannte wenig später die nächste gesamteuropäische Auseinandersetzung. Dieses Mal ging es um Macht, Ländereien und noch mehr Macht, die der französische Sonnenkönig, Ludwig XIV., für sich beanspruchte.

Allerdings waren es dieses Mal nicht die direkten Kampfhandlungen, die die Höhenburg in die Knie zwangen, sondern der aus dem Niederländisch-Französischen Krieg resultierende Friedensvertrag von Nijmegen. Da die Franzosen den Breisgau als Territorialgewinn zugesprochen bekamen (im Volksmund sprach man deshalb auch vom Frieden von Nimmweg), entschied der Markgraf, dem ungeliebten neuen Nachbarn zuvorzukommen. Deshalb ließ er 1681 die äußeren Verteidigungsbauten der Hochburg eigenhändig schleifen.

Ruinen des Renaissanceschlosses auf der Hochburg bei Emmendingen

Die Festung Hochburg ist Geschichte – lange lebe die Ruine Hochburg!

Der nächste Schicksalsschlag für die Hochburg ließ nicht lange auf sich warten. 1684 vernichtete ein verheerender Brand beinahe die komplette Oberburg. Und was das eigene Gesinde aus Unachtsamkeit nicht schaffte, dafür sorgten schlussendlich die Truppen des französischen Königs. Die Markgrafenfestung war Ludwig XIV. nach wie vor ein Dorn im Auge. Er ließ deshalb 1689 nicht nur die inneren Verteidigungsanlagen, sondern auch die Wohn- und Wirtschaftsgebäude sprengen.

Der angerichtete Schaden war nicht wieder gut zu machen. Ein Wiederaufbau kam nicht infrage. Die Hochburg als eine der gewaltigsten Festungen auf badischem Boden war Geschichte. Sie geriet in Vergessenheit, bis im 19. Jahrhundert die Romantik immer mehr Anhänger gewann. Verlassene Burgen oder Ruinen wurden zum verklärenden oder geheimnisvollen Sehnsuchtsziel.

Blick in den Schwarzwald durch ein gotisches Fenster der Festungsruine Hochburg

Vielleicht rettete diese kulturgeschichtliche Strömung den vollständigen Verfall der Ruine. Das Land begann mit den ersten Konsolidierungsmaßnahmen, die bis heute von ehrenamtlichen Helfern des Vereins zur Pflege und Erhaltung der Hochburg weitergeführt werden. 

Und ich hoffe, dass die Zahl der freiwilligen Unterstützer nicht nachlässt, denn die Hochburg ist ein lohnendes Ausflugsziel. Egal, ob man nur die Stille der Natur und die sagenhafte Fernsicht genießen möchte, einen romantischen Platz für ein Picknick sucht, ein Faible für altes Gemäuer hat oder mit der Familie ein Ritter-Burgfräulein-Abenteuer erleben möchte, für Jeden ist etwas dabei. Und nicht zu vergessen, die Hochburg ist vor allem ein Jahrhunderte altes Stück Heimatgeschichte.

Festungsruine Hochburg bei Emmendingen

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